Erdvorbeiflug: Rosetta kriegt die Kurve
Der Weg ist frei zum Kometen Tschurjumow-Gerasimenko – das ist das Fazit des dritten Erdvorbeiflugs von Europas Kometenspäher Rosetta. Die dichteste Annäherung Rosettas an den Blauen Planeten erfolgte am 13. November 2009 um 8:45:40 Uhr MEZ. Dabei war die Sonde 2481 Kilometer von der Erdoberfläche entfernt, der Punkt der dichtesten Annäherung lag über der Südküste der indonesischen Insel Java.
Der Autor dieser Zeilen hatte Gelegenheit, die dichte Erdpassage im Missionskontrollzentrum ESOC der Europäischen Weltraumbehörde ESA zu verfolgen. Ort des Geschehens war der "Planetary Missions Control Room" im Gebäude D des weiträumigen ESOC-Geländes in Darmstadt. Neben zahlreichen Angehörigen des Rosetta Mission Control Teams hatten sich gegen 8 Uhr morgens rund zwei Dutzend Vetreter von Presse, Rundfunk und Fernsehen versammelt und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Diese Animation veranschaulicht die Passage von Rosetta an der Erde.
In diesem Kontrollraum im Gebäude D wird nicht nur die Sonde Rosetta gesteuert, sondern auch die Planetensonden Venus Express und Mars Express. Praktisch jeder Platz vor den Computerbildschirmen für Rosetta war besetzt und alle Mitarbeiter schauten gespannt auf die dort angezeigten Daten und Grafiken. Die Atmosphäre war zwar von Spannung geprägt, aber auch von freudiger Erwartung und Routine.
Allerdings waren selbst die Missionskontrolleure auf das bloße Zuschauen beschränkt, denn die Bahn von Rosetta an der Erde vorbei war schon vor Wochen durch letzte Bahnkorrekturen durch die Bordtriebwerke festgelegt, wie Andrea Accomazzo, der "Rosetta Spacecraft Operations Manager" erklärte. Die Ereignisse um die dichte Annäherung erfolgen so schnell, dass menschliches Eingreifen nicht mehr möglich ist. Auch könnten die kleinen Bordtriebwerke so dicht bei der Erde so gut wie nichts mehr bewirken, so Accomazzo.
Rosetta testet ihre Instrumente
Wie immer bei solchen Gelegenheiten wurde der Erdvorbeiflug dazu genutzt, die wissenschaftlichen Instrumente von Rosetta an einem wohlbekannten Himmelskörper zu testen und zu kalibrieren. Unter anderem nahm die OSIRIS-Kamera in den wenigen Minuten um die dicheste Annäherung Detailbilder der Erdoberfläche auf. Anvisiert wurden unter anderem die Städte Berlin und New York sowie Inseln im südlichen Pazifik.
Das Magnetometer und die Plasma-Sensoren untersuchten das irdische Magnetfeld und seine Strahlungsgürtel und lieferten dabei interessante Informationen über Feldstärke, Partikeldichten und den räumlichen Aufbau der irdischen Magnetosphäre. Alle Messdaten wurden an Bord von Rosetta aufgezeichnet und erst später zur Erde übertragen.
Aber es fand nicht nur eine Kalibration der Instrumente statt, sondern es wurde auch wissenschaftlichen Fragen nachgegangen. So beobachteten sowohl die Kameras als auch das Mikrowellen-Radiometer MIRO den Erdmond aus einem Abstand von rund 220 000 Kilometern, um nach Spuren von Wasser in den Mondgesteinen zu suchen. Hier wird es allerdings eine geraume Zeit dauern, bis die dabei gewonnenen Daten ausgewertet sind.
Während der Stunden um den dichtesten Vorbeiflug sendete Rosetta keine Daten, sondern nur eine Trägerwelle. Im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen Erdvorbeiflügen hatte die ESA diesmal die Gerlegenheit, Rosetta bei der dichtesten Annäherung funktechnisch zu verfolgen. Die noch recht neue ESA-Bodenstation New Norcia in Australien hatte Rosetta im Blick.
Die von Rosetta ausgesandten Funkwellen mit exakt bekannter Stärke und Frequenz dienten dazu, die Bahn der Sonde mit großer Präzision zu verfolgen. Durch das Schwerefeld der Erde wurde die Sonde relativ zur Sonne und zur Erde beschleunigt, was durch den Doppler-Effekt für eine Frequenzverschiebung der von Rosetta abgestrahlten Funkwellen sorgte. Aus diesen charakteristischen Veränderungen lässt sich die Bahn von Rosetta exakt berechnen.
Kurz nach der dichtesten Annäherung versank Rosetta aus Sicht von New Norcia hinter dem westlichen Horizont und der Funkkontakt brach erwartungsgemäß ab. Im indischen Ozean betreibt die ESA keine Bodenstation, aber die Station Maspalomas auf den Kanarischen Inseln, die sonst ausschließlich Erdsatelliten verfolgt, ging auf Empfang. Um 9:01 Uhr brandete Jubel bei den Missionskontrolleuren auf, Maspalomas hatte auf die Sekunde genau die Trägerwelle von Rosetta aufgefangen und das Signal zeigte sich kräftig und klar auf den Bildschirmen.
Rosetta verfehlte den exakten Annäherungspunkt nur um 1,3 Kilometer, eine absolut vernachlässigbare Abweichung, wie Paolo Ferri, "Head of Solar and Planetary Missions Division" der ESA mitteilte. Dies gilt insbesondere dann, wenn man berücksichtigt, dass Rosetta bereits 4,5 Milliarden Kilometer im inneren Sonnensystem zurückgelegt hat. Durch den Vorbeiflug an der Erde wurde die Bahngeschwindigkeit von Rosetta plangemäß um 3,6 Kilometer pro Sekunde erhöht.
Rosetta hat nun genug Bewegungsenergie gewonnen, um in die Regionen jenseits des Asteroidengürtels zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter vorzustoßen. Um so weit zu kommen, waren zahlreiche Manöver notwendig. Seit ihrem Start im März 2004 flog die Sonde nun drei Mal an der Erde und einmal am Mars vorbei, um das äußere Sonnensystem zu erreichen.
Wie geht es weiter mit Rosetta?
Das nächste Etappenziel auf Rosettas 7,1 Milliarden Kilometer langen Reise zum Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko ist der Hauptgürtel-Asteroid (21) Lutetia, ein unregelmäßig geformter Himmelskörper mit etwa 100 Kilometern Durchmesser. Ihn erreicht Rosetta am 10. Juli 2010 und passiert ihn in einem Abstand von etwa 1000 Kilometern.
Mitte 2011 wird die Sonde für vier Jahre in einen "Schlafmodus" versetzt, die Sonde "hiberniert". Dies geschieht nicht nur um Kosten zu sparen, da eine schlafende Sonde weniger Bedienpersonal benötigt, sondern auch weil sich Rosetta dann weit außen im Sonnensystem befindet. Hier im Bereich von rund fünf Astronomischen Einheiten, in den Gefilden des Jupiter, strahlt die Sonne nur noch sehr schwach.
Da Rosetta aber in Gänze von Solarzellen mit elektrischem Strom versorgt wird, ist die Energieausbeute trotz einer Solarzellenfläche von immerhin 65 Quadratmetern sehr gering. Sie reicht gerade aus, um die wichtigsten Geräte wie den Bordsender und den Steuerrechner zu betreiben, alles andere muss abgeschaltet werden. Wenn Rosetta um 2012 den größten Abstand von 5,3 Astronomischen Einheiten (800 Millionen Kilometer) zur Sonne erreicht, wird sie das am weitesten von ihr entfernte Raumfahrzeug mit Solarenergieversorgung sein.
Erst im Frühjahr 2014 wird Rosetta wieder aus ihrem Winterschlaf aufgeweckt und fliegt nun ihr endgültiges Ziel, den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko an. Sie soll ihn im Mai 2014 erreichen. Im November desselben Jahres soll dann die kleine Tochtersonde Philae auf dem Kometenkern landen und von dort Messdaten und Bilder zur Erde funken. Das Ende der Mission ist für Dezember 2015 geplant, der Flug von Rosetta könnte aber bei gutem Zustand der Sonde noch verlängert werden.
Tilmann Althaus
Der Autor dieser Zeilen hatte Gelegenheit, die dichte Erdpassage im Missionskontrollzentrum ESOC der Europäischen Weltraumbehörde ESA zu verfolgen. Ort des Geschehens war der "Planetary Missions Control Room" im Gebäude D des weiträumigen ESOC-Geländes in Darmstadt. Neben zahlreichen Angehörigen des Rosetta Mission Control Teams hatten sich gegen 8 Uhr morgens rund zwei Dutzend Vetreter von Presse, Rundfunk und Fernsehen versammelt und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Diese Animation veranschaulicht die Passage von Rosetta an der Erde.
In diesem Kontrollraum im Gebäude D wird nicht nur die Sonde Rosetta gesteuert, sondern auch die Planetensonden Venus Express und Mars Express. Praktisch jeder Platz vor den Computerbildschirmen für Rosetta war besetzt und alle Mitarbeiter schauten gespannt auf die dort angezeigten Daten und Grafiken. Die Atmosphäre war zwar von Spannung geprägt, aber auch von freudiger Erwartung und Routine.
Allerdings waren selbst die Missionskontrolleure auf das bloße Zuschauen beschränkt, denn die Bahn von Rosetta an der Erde vorbei war schon vor Wochen durch letzte Bahnkorrekturen durch die Bordtriebwerke festgelegt, wie Andrea Accomazzo, der "Rosetta Spacecraft Operations Manager" erklärte. Die Ereignisse um die dichte Annäherung erfolgen so schnell, dass menschliches Eingreifen nicht mehr möglich ist. Auch könnten die kleinen Bordtriebwerke so dicht bei der Erde so gut wie nichts mehr bewirken, so Accomazzo.
Rosetta testet ihre Instrumente
Wie immer bei solchen Gelegenheiten wurde der Erdvorbeiflug dazu genutzt, die wissenschaftlichen Instrumente von Rosetta an einem wohlbekannten Himmelskörper zu testen und zu kalibrieren. Unter anderem nahm die OSIRIS-Kamera in den wenigen Minuten um die dicheste Annäherung Detailbilder der Erdoberfläche auf. Anvisiert wurden unter anderem die Städte Berlin und New York sowie Inseln im südlichen Pazifik.
Das Magnetometer und die Plasma-Sensoren untersuchten das irdische Magnetfeld und seine Strahlungsgürtel und lieferten dabei interessante Informationen über Feldstärke, Partikeldichten und den räumlichen Aufbau der irdischen Magnetosphäre. Alle Messdaten wurden an Bord von Rosetta aufgezeichnet und erst später zur Erde übertragen.
Aber es fand nicht nur eine Kalibration der Instrumente statt, sondern es wurde auch wissenschaftlichen Fragen nachgegangen. So beobachteten sowohl die Kameras als auch das Mikrowellen-Radiometer MIRO den Erdmond aus einem Abstand von rund 220 000 Kilometern, um nach Spuren von Wasser in den Mondgesteinen zu suchen. Hier wird es allerdings eine geraume Zeit dauern, bis die dabei gewonnenen Daten ausgewertet sind.
Während der Stunden um den dichtesten Vorbeiflug sendete Rosetta keine Daten, sondern nur eine Trägerwelle. Im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen Erdvorbeiflügen hatte die ESA diesmal die Gerlegenheit, Rosetta bei der dichtesten Annäherung funktechnisch zu verfolgen. Die noch recht neue ESA-Bodenstation New Norcia in Australien hatte Rosetta im Blick.
Die von Rosetta ausgesandten Funkwellen mit exakt bekannter Stärke und Frequenz dienten dazu, die Bahn der Sonde mit großer Präzision zu verfolgen. Durch das Schwerefeld der Erde wurde die Sonde relativ zur Sonne und zur Erde beschleunigt, was durch den Doppler-Effekt für eine Frequenzverschiebung der von Rosetta abgestrahlten Funkwellen sorgte. Aus diesen charakteristischen Veränderungen lässt sich die Bahn von Rosetta exakt berechnen.
Kurz nach der dichtesten Annäherung versank Rosetta aus Sicht von New Norcia hinter dem westlichen Horizont und der Funkkontakt brach erwartungsgemäß ab. Im indischen Ozean betreibt die ESA keine Bodenstation, aber die Station Maspalomas auf den Kanarischen Inseln, die sonst ausschließlich Erdsatelliten verfolgt, ging auf Empfang. Um 9:01 Uhr brandete Jubel bei den Missionskontrolleuren auf, Maspalomas hatte auf die Sekunde genau die Trägerwelle von Rosetta aufgefangen und das Signal zeigte sich kräftig und klar auf den Bildschirmen.
Rosetta verfehlte den exakten Annäherungspunkt nur um 1,3 Kilometer, eine absolut vernachlässigbare Abweichung, wie Paolo Ferri, "Head of Solar and Planetary Missions Division" der ESA mitteilte. Dies gilt insbesondere dann, wenn man berücksichtigt, dass Rosetta bereits 4,5 Milliarden Kilometer im inneren Sonnensystem zurückgelegt hat. Durch den Vorbeiflug an der Erde wurde die Bahngeschwindigkeit von Rosetta plangemäß um 3,6 Kilometer pro Sekunde erhöht.
Rosetta hat nun genug Bewegungsenergie gewonnen, um in die Regionen jenseits des Asteroidengürtels zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter vorzustoßen. Um so weit zu kommen, waren zahlreiche Manöver notwendig. Seit ihrem Start im März 2004 flog die Sonde nun drei Mal an der Erde und einmal am Mars vorbei, um das äußere Sonnensystem zu erreichen.
Wie geht es weiter mit Rosetta?
Das nächste Etappenziel auf Rosettas 7,1 Milliarden Kilometer langen Reise zum Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko ist der Hauptgürtel-Asteroid (21) Lutetia, ein unregelmäßig geformter Himmelskörper mit etwa 100 Kilometern Durchmesser. Ihn erreicht Rosetta am 10. Juli 2010 und passiert ihn in einem Abstand von etwa 1000 Kilometern.
Mitte 2011 wird die Sonde für vier Jahre in einen "Schlafmodus" versetzt, die Sonde "hiberniert". Dies geschieht nicht nur um Kosten zu sparen, da eine schlafende Sonde weniger Bedienpersonal benötigt, sondern auch weil sich Rosetta dann weit außen im Sonnensystem befindet. Hier im Bereich von rund fünf Astronomischen Einheiten, in den Gefilden des Jupiter, strahlt die Sonne nur noch sehr schwach.
Da Rosetta aber in Gänze von Solarzellen mit elektrischem Strom versorgt wird, ist die Energieausbeute trotz einer Solarzellenfläche von immerhin 65 Quadratmetern sehr gering. Sie reicht gerade aus, um die wichtigsten Geräte wie den Bordsender und den Steuerrechner zu betreiben, alles andere muss abgeschaltet werden. Wenn Rosetta um 2012 den größten Abstand von 5,3 Astronomischen Einheiten (800 Millionen Kilometer) zur Sonne erreicht, wird sie das am weitesten von ihr entfernte Raumfahrzeug mit Solarenergieversorgung sein.
Erst im Frühjahr 2014 wird Rosetta wieder aus ihrem Winterschlaf aufgeweckt und fliegt nun ihr endgültiges Ziel, den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko an. Sie soll ihn im Mai 2014 erreichen. Im November desselben Jahres soll dann die kleine Tochtersonde Philae auf dem Kometenkern landen und von dort Messdaten und Bilder zur Erde funken. Das Ende der Mission ist für Dezember 2015 geplant, der Flug von Rosetta könnte aber bei gutem Zustand der Sonde noch verlängert werden.
Tilmann Althaus
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