Bedrohte Arten: Rosige Aussichten für schwarze Füße
Er gilt als Nordamerikas am stärksten gefährdete Säugetierart und war in freier Wildbahn bereits ausgestorben. Jetzt machen erste Ergebnisse eines langfristigen Wiederansiedlungsprogrammes in Wyoming neuen Mut. Ist der Schwarzfußiltis über den Berg?
Die Prärie liegt im abendlichen Dämmerlicht, langsam verschwimmen die Konturen der Grasbüschel vor dem blauschwarzen Himmel. Plötzlich eine Bewegung an einem Erdloch zwischen der kargen Vegetation: Zuerst erscheint ein kleiner heller Kopf mit langen Schnurrbarthaaren und Knopfaugen, die auf einer maskenartigen, schwarzen Fellzeichnung liegen. Dem Kopf folgt ein langer Hals, den das vorsichtige Wesen periskopartig aus seinem Bau streckt, bevor der ebenfalls langgestreckte Körper auf kurzen, schwarzen Beinen vollständig die schützende Deckung verlässt.
Derartige Beobachtungen waren bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts in den Graslandschaften zwischen dem kanadischen Saskatchewan und dem US-Bundesstaat Texas keine Seltenheit: Schwarzfußiltisse (Mustela nigripes) – einzelgängerische Vertreter der Marderfamilie (Mustelidae) – waren überall dort anzutreffen, wo es den weit verbreiteten Präriehund (Cynomys leucurus) gab. Die kleinen Hörnchen machen bis zu neunzig Prozent des Speiseplanes der Iltisse aus, die zudem deren Erdbauten als Unterschlupf nutzen.
Niedergang einer Schicksalsgemeinschaft
Als die Bauern schließlich begannen, die Präriehunde – als vermeintliche Landwirtschaftsschädlinge – systematisch zu töten, schrumpften auch die Räuberpopulationen dramatisch: Die starke Abhängigkeit der Iltisse machte beide Arten zu einer Schicksalsgemeinschaft.
In den 1960er Jahren wurden nur noch wenige der Schwarzfüße gesichtet, und bereits Ende der 1970er Jahre galt die Art im Freiland als ausgestorben. Glücklicherweise wurde 1981 nahe Meeteetse in Wyoming eine bis dahin unbekannte kleine Population von Schwarzfußiltissen entdeckt. Sieben Tiere legten schließlich 1987 den Grundstock für ein umfassendes Nachzuchtprogramm, dass die am stärksten gefährdete Säugetierart Nordamerikas in letzter Minute vor dem Aussterben bewahren sollte. Über Ablauf und Erfolg dieses Programmes berichteten nun der Zoologe Martin Grenier und Kollegen von der Universität von Wyoming in Laramie.
Neue Hoffnung
Etwa zwanzig Jahre nach Beginn des Arche-Noah-Projekts, zeichnete sich nun langsam ab, dass die Art ihre Chance auf einen Neubeginn im Freiland nutzt: Konnten die Wissenschaftler noch im Jahr 2003 nur 52 Iltisse entdecken, erbrachte eine Erhebung im vergangenen Jahr mit 223 Individuen eine mehr als viermal so hohe Zahl – bereits seit sieben Generationen pflanzen sich die Marder jetzt erfolgreich in dem 8100 Hektar großen Untersuchungsgebiet mit Namen Shirley Basin fort.
Zudem haben Grenier und seine Kollegen herausgefunden, dass das erfolgreiche Überleben des ersten Jahres der Schlüssel zum demografischen Erfolg der Art ist – und diese Phase haben mittlerweile zunehmend mehr der Tiere gemeistert. Denn schon nach zwölf Lebensmonaten ist ihre Reproduktionsrate maximal – anders als bei vielen anderen Säugern, die sich erst wesentlich später in ihrem Leben fortpflanzen.
Doch dem Erfolg ging ein langes Zittern voraus. Knapp 5000 Individuen wurden in Gefangenschaft nachgezüchtet und Hunderte schrittweise in ihrem ehemaligen Lebensraum ausgewildert. Ein Großteil davon starb früh an Infektionskrankheiten wie Staupe und einer durch das Bakterium Yersinia pestis ausgelösten Wildtierpest. Immer mehr der ausgesetzten Tiere starben daran, bis die Biologen 1997 schließlich nur noch fünf überlebende Schwarzfußiltisse fanden. Ein Scheitern ihrer Bemühungen vor Augen unternahmen die Wissenschaftler in den kommenden fünf Jahren nurmehr sporadische Erfassungen, bis schließlich – aus noch unbekannten Gründen – 2003 die Wende einsetzte und mehr Tiere überlebten als starben.
Nicht zu früh freuen
Es gibt zahlreiche Beispiele für problematische und langwierige Wiederansiedlungsprogramme, sei es mit Lemuren in Madagaskar oder Kondoren in Kalifornien. Gründe hierfür sind oftmals, dass sich die Umweltbedingungen, die zum anfänglichen Rückgang der Art geführt haben, nicht grundlegend verändert haben, die Inzucht in kleinen Populationen und Verhaltensänderungen durch künstliche Aufzucht in menschlicher Obhut. Umso ermutigender ist es, dass sich die Schwarzfußiltisse ihren Lebensraum anscheinend erfolgreich zurückerobern.
Allerdings warnen die Artenschützer auch vor zu früher Euphorie: Infektionskrankheiten und Epidemien können jederzeit – beispielsweise von Haustieren übertragen – erneut ausbrechen und die immer noch relativ kleine Iltisgruppe dezimieren. Zudem ist die Populationsdichte der Präriehunde im Untersuchungsgebiet niedrig, kleine Schwankungen könnten somit einen großen Effekt auf die von ihrer Beute abhängigen Schwarzfüße haben.
Und ob manche Behörden wirklich aus der gerade noch einmal abgewendeten Ausrottung der schwarzfüßigen Marder gelernt haben, bleibt fraglich: In einem zweiten geplanten Ansiedlungsgebiet für die Iltisse in South Dakota plant die US-Forstbehörde momentan die Vergiftung der dort lebenden Präriehunde – auf Antrag lokaler Viehzüchter und Landwirte.
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