Kosmische Strukturbildung: Galaxien, Quasare und das kosmische Netz
Eine Gruppe um Damien Hutsemékers von der Université de Liège beobachtete am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile 93 Quasare bei einer Rotverschiebung von rund z = 1,3. Zu dieser Zeit war das Universum rund ein Drittel so alt wie heute. Die Quasare sind nicht willkürlich angeordnet, sondern bilden Gruppen über Entfernungen von mehreren Milliarden Lichtjahren hinweg. Nun konnten die Astronomen für eine signifikante Anzahl der Objekte zeigen, dass auch ihre Orientierungen nicht zufällig im Raum verteilt sind. Die Rotationsachsen der Quasare scheinen über große Distanzen hinweg an diejenigen ihrer Nachbarn angepasst zu sein. Damit bestätigen die Ergebnisse unsere Vorstellungen von der Strukturbildung im Universum.
Aufwändige Simulationen und umfangreiche Himmelsdurchmusterungen zeigten bereits in der Vergangenheit, dass die Materie im Kosmos ein riesiges Netz ausbildet. Galaxien häufen sich dabei bevorzugt an den Rändern von großen "Hohlräumen" geringer Dichte an, und die großen Galaxienhaufen entstehen an den Knoten und Schnittkanten dieser Strukturen. Ähnlich einem großmaschigen Netz durchziehen solche Filamente das Universum. Sie bilden lokale Dichtemaxima, und die Potenzialsenken des Schwerefelds ziehen die Materie aus der Umgebung in ihre Richtung. Die Bewegung und Verteilung dieses Materials, aus dem dann neue Galaxien entstehen, sollte sich auch in den Rotationseigenschaften widerspiegeln – insbesondere in den Ausrichtungen der Rotationsachsen der Galaxien. Tatsächlich zeigt sich dieser Effekt in den Simulationen zur Strukturbildung. Hierbei scheint ihre Masse eine Rolle zu spielen. Scheibengalaxien sollten bevorzugt eine zu den Filamenten parallele Rotationsachse aufweisen, da das Material spiralförmig von außen auf die fadenförmigen Verdichtungen einfällt. Im Gegensatz dazu zeigen die Modelle, dass größere Massenansammlungen, die aus vergangenen Verschmelzungen hervorgingen, Rotationsachsen aufweisen sollten, die senkrecht auf den Filamenten stehen. Das lässt sich damit begründen, dass ihre Vorläufergalaxien sich bereits entlang der Fäden bewegten. Obwohl diese Vorstellungen weit gehend akzeptiert sind, waren die bisherigen Untersuchungen von Galaxienausrichtungen nicht eindeutig und beschränkten sich auf kleinere Entfernungen und Größenskalen.
Die aktuellen Beobachtungen spielen somit eine wichtige Rolle bei der Bestätigung der theoretischen Modelle. Die Lage der Akkretionsscheiben der Quasare bestimmten die Forscher anhand von Polarisationsmessungen des Lichts und der Breite der Emissionslinien. Beide hängen von der Ausrichtung der Akkretionsscheibe in der Richtung zum Beobachter ab. Bei 19 der 93 untersuchten Quasare ließen sich erhebliche Polarisationen feststellen, mit deren Hilfe die Forscher ihre Orientierungen ermittelten. So konnten sie bestätigen, dass die Rotationsachsen der Quasare – und damit auch der Galaxien – auf Skalen von mehr als 1,5 Milliarden Lichtjahren miteinander im Zusammenhang stehen und sich entlang der Filamente anordnen.
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