Dermatologie: Runzelfinger greifen besser
Was als runzelige Finger unschön aussieht, könnte ein geschickter evolutionärer Trick sein, der es einigen landlebenden Tieren wie uns Menschen erlaubt, auch unter Wasser oder in feuchter Umgebung schnell einen sicheren Griff zu bekommen. Forscher der Newcastle University liefern nun erstmals eine experimentelle Bestätigung für die Stimmigkeit dieser "Antiaquaplaning-Hypothese".
Vor zwei Jahren hatten Wissenschaftler um den Forscher Mark Changizi bemerkt, dass die Struktur runzeliger Finger natürlichen Entwässerungsstrukturen – wie etwa Abflussrinnen an Bergflanken – verblüffend ähnlich sieht. Sie stellten die Vermutung auf, dass Runzelfinger für einen besseren "Grip" unter Wasser sorgen könnten – und damit weit mehr sind als das gemeinhin angenommene Aufquellen der Hornhaut im Kontakt mit Wasser.
Angeregt wurde ihre "Antiaquaplaning-Hypothese" durch zwei Beobachtungen: Zum einen hatten Forscher bereits in den 1930er Jahren festgestellt, dass Fingerkuppen bei Wasserkontakt nicht schrumpelig werden, wenn die Nerven der Finger beschädigt sind. Offensichtlich wird der Prozess aktiv durch ein nervös bedingtes Zusammenziehen der Blutgefäße gesteuert. Zum anderen hatten Changizi und Kollegen beobachtet, dass neben dem Menschen auch japanische Makaken nach ausgedehnten Bädern in heißen Quellen schrumpelige Finger bekommen – für die Affen möglicherweise eine Anpassung an ihr gemütliches, feuchtes Habitat.
Mit einem einfachen Versuch konnten nun Wissenschaftler um Kyriacos Kareklas den "Antiaquaplaning-Effekt" bestätigen: Die Forscher stoppten die Zeit, die Probanden brauchten, um mehrere Glasmurmeln mit zwei Fingern von einem wassergefüllten Gefäß schnellstmöglich in ein anderes Gefäß zu transferieren. Diese Aufgabe mussten die Probanden einmal mit glatten Fingerkuppen und einmal – nach einem 30-minütigen Fingerbad – mit runzeligen Fingerkuppen durchführen. Das Ergebnis war eindeutig: Mit runzeligen Fingerkuppen schafften es die Probanden deutlich schneller, die nassen Murmeln zu greifen und ins andere Gefäß zu bugsieren.
Den Versuch kontrastierten die Forscher mit einem zweiten Experiment, bei dem trockene Murmeln zu bewegen waren: Hierbei spielte es keine Rolle, ob die Fingerkuppen runzlig waren oder nicht. Das Experiment scheint also die These zu bestätigen, dass die Schrumpelfinger eine gezielte Anpassung für das Ergreifen nasser Objekte sind – möglicherweise, so Tom Smulders, Koautor der Studie, eine evolutive Anpassung unserer Vorfahren, um Nahrung besser aus Flüssen greifen zu können.
Offen bleibt, ob der "Antiaquaplaning-Effekt" nur bei Menschen und Makaken vorkommt. Für zukünftige Studien würden die Wissenschaftler daher gerne einen Blick auf die Fingerspitzen verschiedener anderer Säugetiere werfen. Vielleicht, so schreiben Kareklas und seine Kollegen, wird es dann möglich sein, einzugrenzen, wann sich der "Schrumpelfinger-Effekt" im Lauf der Evolution entwickelt hat und ob sich weitere Hinweise auf seinen evolutiven Nutzen finden lassen.
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