Direkt zum Inhalt

Schwarzes Loch Sagittarius A*: Neuigkeiten aus dem Zentrum der Milchstraße

Das supermassereiche Schwarze Loch inmitten der Milchstraße bleibt trotz Nobelpreis bescheiden und stellt weiterhin seine Umgebung als Forschungsobjekt zur Verfügung.
Zentrum der Milchstraße

Im Zentrum unserer Milchstraße, in Richtung des Sternbilds Schütze, lauert ein supermassereiches Schwarzes Loch. Sagittarius A* heißt es, und sein Nachweis war 2020 den Nobelpreis für Physik wert. Das heißt aber nicht, dass es sich daran nun ausgeforscht hätte, ganz im Gegenteil: Einem internationalen Forscherteam, dem auch Preisträger Reinhard Genzel angehört, lässt das Schwarze Loch keine Ruhe. Ihm gelang es nun, die bislang tiefsten und schärfsten Bilder aus der unmittelbaren Umgebung von Sagittarius A* aufzunehmen. Ihre Ergebnisse stellen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in zwei Artikeln im Fachmagazin »Astronomy & Astrophysics« vor.

Direkt beobachten können die Forschenden das Schwarze Loch nicht – das ist unmöglich, denn es sendet keine elektromagnetische Strahlung aus und sei es auch noch so supermassereich. Aber Sagittarius A* wird auf relativ engen Bahnen von Sternen umkreist, von denen rund 50 bislang bekannt sind. Astronominnen und Astronomen können sie im infraroten Bereich des elektromagnetischen Spektrums beobachten und anhand ihrer Umlaufbahnen Rückschlüsse auf das Schwarze Loch selbst ziehen.

Die Sternenbahnen um Sagittarius A* ermöglichen Rückschlüsse auf das Schwarze Loch

Der prominenteste Vertreter dieser besonderen stellaren Gattung, der Stern S2, hatte zuletzt 2018 seine größte Annäherung an das supermassereiche Schwarze Loch erreicht und entfernt sich seitdem wieder. Rund 16 Jahre benötigt S2 für eine Runde um Sagittarius A*. Dadurch dass sich der Stern nun aus der unmittelbaren Umgebung des Massenmonsters entfernt hat, überstrahlt er auf den Aufnahmen nicht mehr die leuchtschwächeren Sterne: eine gute Gelegenheit für die GRAVITY-Kollaboration, das Zentrum der Milchstraße erneut anzuvisieren.

http://www.youtube.com/watch?v=
Animierte Sequenz der Aufnahmen der GRAVITY-Kollaboration aus der Umgebung von Sagittarius A*

Die Aufnahmen gelangen dem Forscherteam mit Hilfe des GRAVITY-Instruments, das die vier Teleskope des Very Large Telescope VLT der Europäischen Südsternwarte ESO zu einem einzigen Interferometer kombiniert, um so die räumliche Auflösung zu erhöhen. So erhielt es Bilder, die 20-mal schärfer als jene eines einzelnen Teleskops sind. Hierauf zu erkennen ist etwa der Stern S29, der Ende Mai 2021 Sagittarius A* am nächsten kam und das Schwarze Loch in einer Entfernung von lediglich 13 Milliarden Kilometern passierte – in kosmischen Maßstäben also haarscharf vorbei. Darüber hinaus fanden die Forscherinnen und Forscher einen ganz neuen Stern in der Nachbarschaft und nannten ihn S300.

Indem sie die Umlaufbahnen dieser und weiterer naher Sterne über mehrere Monate hinweg verfolgten, gelang es ihnen, ihre Kenntnisse über die Eigenschaften des supermassereichen Schwarzen Lochs zu präzisieren: Demnach folgen alle Sternbahnen den Vorhersagen, die sich ergeben, wenn man im Zentrum ein supermassereiches Schwarzes Loch von 4,3 Millionen Sonnenmassen annimmt. Somit ist nun nicht nur die Masse von Sagittarius A* noch besser bekannt als zuvor – die Messungen entsprechen genau den Vorhersagen der allgemeinen Relativitätstheorie, die damit wieder einmal nicht falsifiziert wurde.

Auch künftig werden die Ereignisse rund um Sagittarius A* von der GRAVITY-Kollaboration genauestens verfolgt werden – denn gelänge es ihnen, mit Hilfe von Teleskopen die nächste Generation Sterne aufzuspüren, die dem Schwarzen Loch noch näher kommen als die derzeit bekannten Exemplare, könnten sie nachweisen, wie schnell sich das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße dreht.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.