Marine Ökologie: Sauer macht schutzlos
Monsterstürme, Dürren, steigende Meeresspiegel, Korallensterben: Wenn von den Folgen des Klimawandels die Rede ist, überschlagen sich schnell die Horrormeldungen. Bisweilen sind die Auswirkungen subtiler - wenngleich für die Betroffenen nicht weniger dramatisch, wie der Fall einer verbreiteten Schnecke lehrt.
Etwas mehr als dreißig Milliarden Tonnen Kohlendioxid hat die Weltgemeinschaft 2006 in die Luft geblasen – eine enorme Menge, die nur zu einem geringen Teil von der Vegetation aufgenommen wird. Ein großer Teil verbleibt dagegen in der Atmosphäre, deren CO2-Gehalt seit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert von damals etwa 280 auf heute 381 ppm (parts per million) gestiegen ist. Als potentes Treibhausgas sorgte das Kohlendioxid für eine durchschnittliche Erwärmung der Erde um 0,6 Grad Celsius während der letzten hundert Jahre: Die Aufheizung des Planeten ist also in vollem Gange.
Dies hört sich zuerst einmal nicht dramatisch an, doch zeitigt dieser Säureeintrag bereits heute messbare ökologische Folgen, wie gerade wieder Wissenschaftler um Simon Rundle von der Universität Plymouth berichten. So schadet der niedrigere pH-Wert Korallen oder Muscheln, da die Säure deren Kalkschalen oder -gerüst auflöst oder verhindert, dass sie neues Material darin einbauen und wachsen. Betroffen sind zudem bestimmte Planktonarten, die am Beginn der Nahrungskette stehen und deren Vitalität sinkt, und auch Tiere wie Tintenfische, denen das Atmen durch die Versauerung schwerer fällt.
Direkte Folgen wie diese sind bekannt, doch der negative Effekt kann sich gleichfalls indirekt zeigen, wie das Beispiel der weit verbreiteten Strandschnecke Littorina littorea lehrt. Diese Gastropoden leben für gewöhnlich im Gezeitenbereich des Nordatlantiks, der Nord- und der Ostsee, wo ihnen bevorzugt die Gemeine Strandkrabbe (Carcinus maenas) nachstellt. Das Krustentier knackt mit seinen Scheren die Mollusken am Gehäuseeingang, um an die sich ins Innere zurückziehende Beute zu gelangen. Als Verteidigungsmaßnahme verdicken die Schnecken ihre Trutzburg an Stränden mit hoher Krabbendichte, damit sie dem Klammergriff eher widerstehen.
An dieser Stelle hakt jetzt allerdings die Versauerung ein, die es Littorina littorea erschwert, weiterhin ausreichend Kalk aufzunehmen und einzubauen, wie die britischen Biologen letztlich experimentell messen konnten: Erfolgreiche Übergriffe der Krabben werden wahrscheinlicher. Zusätzlich stresst der fallende pH-Wert die Tiere und senkt ihre Stoffwechselrate, was sie anfälliger für Krankheiten und weniger beweglich macht.
Statt sich aktiv zu schützen, versuchen die Weichtiere im saureren Milieu ihre Feinde zu meiden – was Konsequenzen für die gesamte Nahrungskette und die Lebensbedingungen in der Gezeitenzone haben könnte, in der die Schnecken zu den häufigsten Tierarten zählen. Sind sie vermehrt inaktiv, grasen sie auch weniger die Algenteppiche an felsigen Küsten ab, sodass diese wertvolle Lebensraumnischen überwuchern und Felsspezialisten den Lebensraum rauben könnten. Zudem sind die versteckten Schnecken schwieriger für andere Beutegreifer zu finden.
Die Forscher schränken ein, dass ihr Labor-Szenario mit einem pH-Wert unter 7,0 unter heutigen Prognosen des Kohlendioxid-Eintrags ins Meer recht extrem erscheint. Doch unrealistisch ist es ihrer Meinung nach keineswegs. Denn um ihr CO2-Problem zu lösen, will die Menschheit einen Teil des Treibhausgases direkt in der Tiefsee entsorgen – mit entsprechend intensiver Versauerung dort unten und unvorhersehbaren Folgen für das Wasser und sein Leben weiter oben.
Dass sich der Anstieg allerdings immer noch in relativen Grenzen hält, verdankt die Erde den Ozeanen, die seit Beginn der Industrialisierung zwischen einem Drittel und der Hälfte der menschlichen CO2-Emissionen ersatzlos aufgenommen haben. Diese Senken-Wirkung hat allerdings einen gravierenden Nachteil für das Meer: Es versauert. Denn gelöstes Kohlendioxid bildet Kohlensäure, die den pH-Wert absenkt. Im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten liegt diese Messgröße heute um 0,1 Punkte niedriger, und sie könnte in den nächsten Jahrzehnten um weitere 0,4 Punkte fallen – ursprünglich lag sie bei 8,2.
Dies hört sich zuerst einmal nicht dramatisch an, doch zeitigt dieser Säureeintrag bereits heute messbare ökologische Folgen, wie gerade wieder Wissenschaftler um Simon Rundle von der Universität Plymouth berichten. So schadet der niedrigere pH-Wert Korallen oder Muscheln, da die Säure deren Kalkschalen oder -gerüst auflöst oder verhindert, dass sie neues Material darin einbauen und wachsen. Betroffen sind zudem bestimmte Planktonarten, die am Beginn der Nahrungskette stehen und deren Vitalität sinkt, und auch Tiere wie Tintenfische, denen das Atmen durch die Versauerung schwerer fällt.
Direkte Folgen wie diese sind bekannt, doch der negative Effekt kann sich gleichfalls indirekt zeigen, wie das Beispiel der weit verbreiteten Strandschnecke Littorina littorea lehrt. Diese Gastropoden leben für gewöhnlich im Gezeitenbereich des Nordatlantiks, der Nord- und der Ostsee, wo ihnen bevorzugt die Gemeine Strandkrabbe (Carcinus maenas) nachstellt. Das Krustentier knackt mit seinen Scheren die Mollusken am Gehäuseeingang, um an die sich ins Innere zurückziehende Beute zu gelangen. Als Verteidigungsmaßnahme verdicken die Schnecken ihre Trutzburg an Stränden mit hoher Krabbendichte, damit sie dem Klammergriff eher widerstehen.
An dieser Stelle hakt jetzt allerdings die Versauerung ein, die es Littorina littorea erschwert, weiterhin ausreichend Kalk aufzunehmen und einzubauen, wie die britischen Biologen letztlich experimentell messen konnten: Erfolgreiche Übergriffe der Krabben werden wahrscheinlicher. Zusätzlich stresst der fallende pH-Wert die Tiere und senkt ihre Stoffwechselrate, was sie anfälliger für Krankheiten und weniger beweglich macht.
Statt sich aktiv zu schützen, versuchen die Weichtiere im saureren Milieu ihre Feinde zu meiden – was Konsequenzen für die gesamte Nahrungskette und die Lebensbedingungen in der Gezeitenzone haben könnte, in der die Schnecken zu den häufigsten Tierarten zählen. Sind sie vermehrt inaktiv, grasen sie auch weniger die Algenteppiche an felsigen Küsten ab, sodass diese wertvolle Lebensraumnischen überwuchern und Felsspezialisten den Lebensraum rauben könnten. Zudem sind die versteckten Schnecken schwieriger für andere Beutegreifer zu finden.
Die Forscher schränken ein, dass ihr Labor-Szenario mit einem pH-Wert unter 7,0 unter heutigen Prognosen des Kohlendioxid-Eintrags ins Meer recht extrem erscheint. Doch unrealistisch ist es ihrer Meinung nach keineswegs. Denn um ihr CO2-Problem zu lösen, will die Menschheit einen Teil des Treibhausgases direkt in der Tiefsee entsorgen – mit entsprechend intensiver Versauerung dort unten und unvorhersehbaren Folgen für das Wasser und sein Leben weiter oben.
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