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News: Schadstoffe auf dem Speiseplan

Auf der Suche nach einer Putzkolonne lohnt es sich manchmal, eine Lupe zu Hilfe zu nehmen. Denn winzige Organismen können sich als sehr nützlich erweisen, wenn es um die Sanierung verseuchter Flächen geht.
Polaromonas naphthalenivorans
Eine eigene Welt, für unser Auge nicht sichtbar: Millionen verschiedener Mikroorganismen tummeln sich im Erdboden, im Wasser und in der Luft, hausen in oder auf anderen Lebewesen. Schon allein etwa 500 identifizierte Bakterienarten besiedeln unsere Mundhöhle.

Viele dieser mikroskopisch kleinen Lebewesen, zu denen neben den Bakterien auch tierische Einzeller, ein großer Teil der Pilze und viele Algen zählen, haben durchaus nützliche Eigenschaften und werden deshalb in vielen Bereichen eingesetzt: Sei es bei der Produktion von Lebensmitteln – vom Joghurt bis zum frischen Brötchen –, bei der biologischen Schädlingsbekämpfung, der Herstellung von Antibiotika, Antikörpern und Hormonen – oder auch im Umweltschutz.

Kleine Helfer, die einfach giftige Stoffe aus verseuchten Böden auffressen, im wahrsten Sinne des Wortes also die Suppe wieder auslöffeln, die wir uns selbst eingebrockt haben – das ist nicht nur ein schöner Traum, sondern Realität. Und so beschäftigt sich ein Projekt von Mikrobiologen an der Cornell University mit der Sanierung von Böden rund um alte Gaswerke, die mit Steinkohlenteer verunreinigt sind.

Für viele Giftstoffe gibt es irgendwelche Organismen, die diese Substanzen abbauen und damit unschädlich machen können. So weit, so gut. Aber wie macht man die winzigen Gehilfen ausfindig?

Die Lösung für dieses Problem liefert die Stable isotope probing, kurz SIP genannte Methode: Ähnlich wie man am Milchbart dasjenige Kind entlarvt, welches klammheimlich die Milch getrunken hat, so funktioniert auch dieses neue Verfahren. Als Köder – sozusagen als Milch, um bei dem Vergleich zu bleiben – setzten Eugene Madsen und seine Kollegen in einem mit Steinkohlenteer verunreinigten Sediment geringe Mengen des Schadstoffs Naphthalin frei. Diese organische Substanz hatten die Wissenschaftler zuvor mit dem stabilen, aber in der Natur selten vorkommenden Kohlenstoffisotop 13C markiert.

Anhand dieses Kohlenstoffs konnten sie anschließend nachverfolgen, was mit dem Naphthalin passierte, indem sie quasi nach dem Milchbart suchten. Die Forscher fanden nämlich in einem Abbauprodukt des Naphthalins, dem Kohlendioxid, das Kohlenstoffisotop wieder. Aber nicht nur das. Sie konnten zudem die "Täter" identifizieren, die diese Zersetzung bewerkstelligt hatten.

Denn das dafür verantwortliche Bakterium hatte nach dem "Verzehr" des Naphthalins das stabile Isotop in seine DNA eingebaut. Das Team nahm deshalb Sedimentproben und fahndete darin nach den auf diese Weise markierten DNA-Stücken. Mit Hilfe dieses Beweismaterials spürten sie das Bakterium auf, welches sie treffenderweise Polaromonas naphthalenivorans nannten.

Um deren Tauglichkeit als Bodensanierer zu testen, kultivierten die Wissenschaftler die Bakterien und setzten sie anschließend auf mit Steinkohlenteer kontaminierte Bodenproben – und wie erhofft, beobachteten sie einen schnellen Abbau des Naphthalins.

Naphthalin gehört zu den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), die durch ihre krebserregenden Eigenschaften einen hohen Bekanntheitsgrad genießen. Zwar gehört Naphthalin nicht zu den giftigsten Vertretern, aber Madsen und seine Kollegen hoffen, dass die fleißigen Bakterien zumindest die Flächensanierungen beschleunigen.

Außerdem stellen die aktuellen Ergebnisse erst den Anfang dar – Madsen denkt bereits weiter: "Dieses Bakterium allein wird das Problem nicht lösen, weil Naphthalin nur einer der vielen involvierten Schadstoffe ist. Deshalb werden wir nach weiteren Mikroorganismen mit vielleicht ähnlichen Gensequenzen suchen, die andere Umweltgifte abbauen können." Damit will der Mikrobiologe dann auch den anderen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen zu Leibe rücken.

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