Zoologie: Schädlingsbekämpfung im Federkleid
Ob Insekten oder Pflanzensamen - welche Mahlzeiten auf dem Speiseplan eines Vogels stehen, hängt ganz davon ab, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Und neben der Nahrungsaufnahme erweist sich dieser Körperteil auch bei Hygienemaßnahmen als äußerst nützliches Werkzeug.
Im Dezember 1831 stach die "Beagle" von Großbritannien in See, um kaum bekannte Abschnitte der südamerikanischen Küstenlinie zu erforschen. An Bord befand sich auch Charles Darwin, gerade 22 Jahre alt, der bereits als Junge ein lebhaftes Interesse an der Natur offenbart hatte. Auf den Galapagosinseln sammelte er mehrere Finkenformen, die sich stark ähnelten, aber offenbar verschiedenen Spezies angehörten. Zurückgekehrt von seiner Reise erkannte er, dass die Entstehung neuer Arten und die Anpassung an die Umwelt eng verwoben sind.
Als Paradebeispiel für die Anpassung an die natürliche Selektion sind jene Darwinfinken inzwischen in die Lehrbücher der Biologie eingezogen. Denn die nahe verwandten Vögel unterscheiden sich in einem Merkmal auffallend voneinander: in ihren Schnäbeln, die Spezialisierungen auf bestimmte, jeweils auf ihren Heimatinseln verfügbare Nahrungsquellen darstellen. Doch die Gestalt und Größe dieses Körperteils ist nicht nur für die Nahrungsaufnahme von Bedeutung, sondern auch beim Putzen des Gefieders, in dem sich schädliche Ektoparasiten wie Läuse, Flöhe, Fliegen, Zecken und Milben tummeln.
Bei der Schädlingsbekämpfung könnte insbesondere der Überhang des Schnabels eine wichtige Rolle spielen, wie frühere Studien bereits angedeutet hatten. Um diesem Verdacht nachzugehen, wählten Dale Clayton und seine Kollegen von der Universität Utah Felsentauben (Columba livia) als Versuchstiere aus. In deren Federkleid nisten sich die beiden Läusearten Columbicola columbae und Campanulotes compar als dauerhafte Untermieter ein, wo sie sich von Federn und toter Haut ernähren. Und der von ihnen verursachte Schaden im Gefieder kann weitreichende Folgen haben, denn er senkt den Paarungserfolg, die thermoregulatorischen Fähigkeiten und das Überleben des Wirtes.
Am ersten Experiment nahmen 14 kürzlich geschlüpfte Taubenjunge teil, welche die Forscher nach ähnlichem Geburtsdatum zu Paaren gruppierten. Im Alter von zwei Wochen entfernten sie jeweils den Schnabelüberhang des einen Individuums und wiederholten diese dem Fingernagelschneiden vergleichbare unblutige Prozedur wöchentlich, um das Nachwachsen zu verhindern. Das Kontrolltier behandelten sie indes nur scheinbar in den gleichen Zeitabständen. Jede Woche beurteilten sie die Fracht an Läusen – erstmals, als die Küken sechs Wochen alt waren.
Die regelmäßige "Volkszählung" der Ungeziefer ergab: Unabhängig von ihrer Behandlung reduzierten die Nestlinge die unerwünschten Mitbewohner um mehr als die Hälfte, nachdem sie die Putzaktivitäten erlernt hatten. Doch die Küken mit intaktem Überhang hatten den Schädlingsbefall deutlich besser im Griff. Während im Durchschnitt ungefähr 25 Läuse am Ende des Experimentes in ihrem Gefieder hockten, belief sich deren Anzahl bei den Tieren mit gestutztem Schnabel auf 100 Parasiten.
In einem ähnlichen Versuch "impften" die Forscher 26 erwachsene Tauben mit Läusen, sodass jedes Tier von nahezu 100 Schmarotzern heimgesucht war und somit über ähnliche Startbedingungen verfügte. Anschließend beschnitten sie wöchentlich die Schnäbel aller Vögel – 18 Wochen lang. In dem folgenden identischen Zeitraum ließen sie die Überhänge bei der Hälfte der Tiere erneut wachsen, bei der anderen Hälfte setzten sie jedoch die Schnabelmanipulation wie gehabt fort. Wiederum beurteilten sie den Läusebefall bei beiden Gruppen und verglichen zudem den Schaden im Federkleid.
Das Schnabelstutzen wirkte sich erneut drastisch aus: Nach Beginn des Experimentes schnellte die Anzahl an Parasiten zunächst um das Vierfache in die Höhe, pendelte sich aber nach 15 Wochen auf diesem Niveau ein. Während die eine Hälfte der Versuchstiere weiterhin von der hohen Läusefracht geplagt wurde, reduzierte das Nachwachsen des Schnabelüberhangs bei der anderen Hälfte den Schädlingsbefall innerhalb eines Monats rapide. Kein Wunder, dass die Tauben mit stets beschnittenem Schnabel einen größeren Schaden an ihren Federn davontrugen als ihre nicht länger manipulierten Artgenossen.
Videoaufnahmen des Putzverhaltens sowie direkte Messungen der Schnabelbewegungen mithilfe von elektronischen Geräten enthüllten, dass sich der untere Kiefer im Verhältnis zum oberen nach vorn schiebt. Und zwar mit erstaunlicher Geschwindigkeit: Bis zu 31 Mal pro Sekunde, ermittelten die Forscher. Auf diese Weise erzeugt der Überhang eine Scherkraft, die Läuse wirkungsvoll abtötet.
Wie unter den Käfigen eingesammelte Parasiten belegten, erlitten jene Individuen, die sich auf Tauben mit normalem Schnabel angesiedelt hatten, einen größeren körperlichen Schaden als ihre Artgenossen auf Vögeln ohne Überhang: Sie wurden entweder geköpft, die meisten ihrer Beine abgerissen oder ihr robustes Außenskelett wurde verstümmelt.
Der Schnabelüberhang stellt für Vögel somit ein effektives "Putzmittel" dar, mit dem sie den Befall an Ektoparasiten und den von ihnen verursachten Schaden unter Kontrolle halten. Doch sei weitere Forschungsarbeit nötig, um genauer zu bestimmen, wie der Überhang funktioniert, betonen die Wissenschaftler um Clayton. Rätselhaft ist ebenfalls noch, wie sich Vögel mit verloren gegangenem Überhang (beispielsweise Spechte, Kolibris und Austernfischer) ihrer Läuse und anderer Schädlinge entledigen. Wahrscheinlich – so spekulieren die Forscher – setzen sie auf andere Verteidigungsmechanismen wie Kratzen, Federchemie oder Immunantworten.
Als Paradebeispiel für die Anpassung an die natürliche Selektion sind jene Darwinfinken inzwischen in die Lehrbücher der Biologie eingezogen. Denn die nahe verwandten Vögel unterscheiden sich in einem Merkmal auffallend voneinander: in ihren Schnäbeln, die Spezialisierungen auf bestimmte, jeweils auf ihren Heimatinseln verfügbare Nahrungsquellen darstellen. Doch die Gestalt und Größe dieses Körperteils ist nicht nur für die Nahrungsaufnahme von Bedeutung, sondern auch beim Putzen des Gefieders, in dem sich schädliche Ektoparasiten wie Läuse, Flöhe, Fliegen, Zecken und Milben tummeln.
Bei der Schädlingsbekämpfung könnte insbesondere der Überhang des Schnabels eine wichtige Rolle spielen, wie frühere Studien bereits angedeutet hatten. Um diesem Verdacht nachzugehen, wählten Dale Clayton und seine Kollegen von der Universität Utah Felsentauben (Columba livia) als Versuchstiere aus. In deren Federkleid nisten sich die beiden Läusearten Columbicola columbae und Campanulotes compar als dauerhafte Untermieter ein, wo sie sich von Federn und toter Haut ernähren. Und der von ihnen verursachte Schaden im Gefieder kann weitreichende Folgen haben, denn er senkt den Paarungserfolg, die thermoregulatorischen Fähigkeiten und das Überleben des Wirtes.
Am ersten Experiment nahmen 14 kürzlich geschlüpfte Taubenjunge teil, welche die Forscher nach ähnlichem Geburtsdatum zu Paaren gruppierten. Im Alter von zwei Wochen entfernten sie jeweils den Schnabelüberhang des einen Individuums und wiederholten diese dem Fingernagelschneiden vergleichbare unblutige Prozedur wöchentlich, um das Nachwachsen zu verhindern. Das Kontrolltier behandelten sie indes nur scheinbar in den gleichen Zeitabständen. Jede Woche beurteilten sie die Fracht an Läusen – erstmals, als die Küken sechs Wochen alt waren.
Die regelmäßige "Volkszählung" der Ungeziefer ergab: Unabhängig von ihrer Behandlung reduzierten die Nestlinge die unerwünschten Mitbewohner um mehr als die Hälfte, nachdem sie die Putzaktivitäten erlernt hatten. Doch die Küken mit intaktem Überhang hatten den Schädlingsbefall deutlich besser im Griff. Während im Durchschnitt ungefähr 25 Läuse am Ende des Experimentes in ihrem Gefieder hockten, belief sich deren Anzahl bei den Tieren mit gestutztem Schnabel auf 100 Parasiten.
In einem ähnlichen Versuch "impften" die Forscher 26 erwachsene Tauben mit Läusen, sodass jedes Tier von nahezu 100 Schmarotzern heimgesucht war und somit über ähnliche Startbedingungen verfügte. Anschließend beschnitten sie wöchentlich die Schnäbel aller Vögel – 18 Wochen lang. In dem folgenden identischen Zeitraum ließen sie die Überhänge bei der Hälfte der Tiere erneut wachsen, bei der anderen Hälfte setzten sie jedoch die Schnabelmanipulation wie gehabt fort. Wiederum beurteilten sie den Läusebefall bei beiden Gruppen und verglichen zudem den Schaden im Federkleid.
Das Schnabelstutzen wirkte sich erneut drastisch aus: Nach Beginn des Experimentes schnellte die Anzahl an Parasiten zunächst um das Vierfache in die Höhe, pendelte sich aber nach 15 Wochen auf diesem Niveau ein. Während die eine Hälfte der Versuchstiere weiterhin von der hohen Läusefracht geplagt wurde, reduzierte das Nachwachsen des Schnabelüberhangs bei der anderen Hälfte den Schädlingsbefall innerhalb eines Monats rapide. Kein Wunder, dass die Tauben mit stets beschnittenem Schnabel einen größeren Schaden an ihren Federn davontrugen als ihre nicht länger manipulierten Artgenossen.
Videoaufnahmen des Putzverhaltens sowie direkte Messungen der Schnabelbewegungen mithilfe von elektronischen Geräten enthüllten, dass sich der untere Kiefer im Verhältnis zum oberen nach vorn schiebt. Und zwar mit erstaunlicher Geschwindigkeit: Bis zu 31 Mal pro Sekunde, ermittelten die Forscher. Auf diese Weise erzeugt der Überhang eine Scherkraft, die Läuse wirkungsvoll abtötet.
Wie unter den Käfigen eingesammelte Parasiten belegten, erlitten jene Individuen, die sich auf Tauben mit normalem Schnabel angesiedelt hatten, einen größeren körperlichen Schaden als ihre Artgenossen auf Vögeln ohne Überhang: Sie wurden entweder geköpft, die meisten ihrer Beine abgerissen oder ihr robustes Außenskelett wurde verstümmelt.
Der Schnabelüberhang stellt für Vögel somit ein effektives "Putzmittel" dar, mit dem sie den Befall an Ektoparasiten und den von ihnen verursachten Schaden unter Kontrolle halten. Doch sei weitere Forschungsarbeit nötig, um genauer zu bestimmen, wie der Überhang funktioniert, betonen die Wissenschaftler um Clayton. Rätselhaft ist ebenfalls noch, wie sich Vögel mit verloren gegangenem Überhang (beispielsweise Spechte, Kolibris und Austernfischer) ihrer Läuse und anderer Schädlinge entledigen. Wahrscheinlich – so spekulieren die Forscher – setzen sie auf andere Verteidigungsmechanismen wie Kratzen, Federchemie oder Immunantworten.
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