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Schamgefühl: Karaoke-Experiment zeigt, was uns erröten lässt

Warum werden die Wangen rot, wenn wir uns schämen? Um das zu ermitteln, mussten die Teilnehmerinnen einer Studie Karaokelieder von Adele oder Mariah Carey singen. Welche Hirnregionen beim Erröten aktiv werden – und wieso die Erkenntnisse einer alten Theorie Darwins widersprechen.
Junge Frau, peinlich berührt, fasst sich ins Gesicht.
Viele Menschen erröten oder verbergen ihr Gesicht hinter ihren Händen, wenn sie sich in einer peinlichen Situation befinden (Symbolbild).

Wenn uns etwas peinlich ist, werden unsere Wangen warm und rot, und das Herz scheint einen Moment stillzustehen. Charles Darwin bezeichnete die Schamesröte mal als »den merkwürdigsten und menschlichsten aller Ausdrücke«. Laut seiner Theorie erröten Menschen, wenn sie darüber nachdenken, was andere von ihnen halten. Doch ist das wirklich der Grund?

Um das herauszufinden, wählte ein Forschungsteam um Milica Nikolić von der Universität von Amsterdam ein besonderes Versuchssetting: Karaoke. Für die Studie mussten die Teilnehmerinnen – alle junge Frauen zwischen 16 und 20 Jahren – in einer ersten Sitzung Karaokelieder singen. Darunter waren besonders herausfordernde Songs wie »Hello« von Adele oder »All I want for Christmas is you« von Mariah Carey. Bei einem weiteren Termin sollten sich die Probandinnen die Aufnahme ihrer Gesangsperformance anschauen, während per funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) die Gehirnaktivität gemessen wurde. Zusätzlich brachten die Forscher an den Wangen der Frauen Temperatursensoren an, um das Ausmaß des Errötens festzustellen.

Den Teilnehmerinnen wurde dazu gesagt, dass ein Publikum ebenfalls diese Aufnahmen sehen würde. Damit wollten die Forscher testen, ob dies das Gefühl der Scham womöglich noch weiter erhöht. Schließlich wurden den Frauen auch Aufnahmen anderer Karaokesängerinnen gezeigt, die auf vergleichbarem Niveau gesungen hatten, sowie von professionellen Sängerinnen, die sich als weitere Teilnehmerinnen ausgegeben hatten.

Wie erwartet, erröteten die Frauen stärker, wenn sie ihren eigenen Gesang beobachteten, als wenn sie Fremden dabei zusahen. Überraschender waren für die Forscherinnen und Forscher jedoch die Ergebnisse der MRT-Scans: Das Erröten war mit einer erhöhten Aktivität in Teilen des Kleinhirns und des Parietallappens verbunden. Das Kleinhirn ist hauptsächlich bekannt für die Kontrolle von Bewegung und Koordination. Doch laut den Studienautoren gibt es wachsende Evidenz dafür, dass es auch eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen spielt. Das könne darauf hindeuten, dass das Betrachten des eigenen Auftritts Hirnregionen aktiviert, die mit emotionaler Erregung und Aufmerksamkeit verbunden sind. Gleichzeitig waren jene Regionen im Gehirn weniger aktiv, die typischerweise daran beteiligt sind, wenn wir über eigene oder fremde Verhaltensweisen nachgrübeln. »Auf dieser Grundlage schlussfolgerten wir, dass das Nachdenken über die Gedanken anderer für das Erröten möglicherweise nicht notwendig ist«, sagt Nikolić. Dies würde Darwins Theorie also widersprechen. »Erröten könnte Teil der automatischen Erregung sein, die man fühlt, wenn man exponiert ist und etwas Relevantes für einen selbst passiert.«

Für die Studie wurden speziell junge Teilnehmerinnen ausgesucht, da sie meist besonders empfindlich auf soziale Bewertung reagieren und bei ihnen die Angst vor Ablehnung oder davor, einen falschen Eindruck zu vermitteln, stark ausgeprägt sei, so Nikolić. In weiteren Studien will das Forschungsteam das Schamgefühl von jungen Kindern untersuchen: Dies sei vor allem interessant, da in jungen Jahren noch nicht die kognitiven Fähigkeiten bestehen, sich darüber Gedanken zu machen, was andere von einem halten.

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