Kommunikation: Schau mal her!
Wenn die Sprache fehlt, hilft Reden mit Händen und Füßen weiter. So verständigen sich Kleinkinder, die noch nicht sprechen können, mit anderen über Zeigen oder Hochheben von Objekten; Schimpansen signalisieren ihren Artgenossen, an welcher Stelle sie gelaust werden wollen. Doch sind Gesten als wortlose Kommunikation nicht, wie bisher gedacht, auf den Menschen und seine nächsten Verwandten beschränkt: Auch Raben setzen ihre Schnäbel wie Hände ein, um sich mit ihresgleichen auszutauschen.
Simone Pika vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen und Thomas Bugnyar von der Universität Wien verfolgten über drei Jahre die Interaktionen zwischen wildlebenden Kolkraben (Corvus corax) im Cumberland Wildpark im österreichischen Grünau. In fast vierzig Fällen beobachteten sie, wie ein Vogel ein Stückchen Moos, einen Zweig oder einen kleinen Stein im Schnabel einem Artgenossen präsentierte oder mit unterstützendem Kopfnicken regelrecht anbot. Der Adressierte wendete sich daraufhin meist dem Anbieter zu, näherte sich ihm, oder die Raben begannen sogar, das Objekt gemeinsam zu untersuchen oder zu schnäbeln.
Da es sich fast immer um ein Tier des anderen Geschlechts handelte, vermuten die Forscher hinter den Gesten eine Art "Testlauf": Raben, die sich lebenslang binden und sehr intensiv kooperieren, investieren viel Zeit in die Partnersuche. Die beobachtete Präsentation könnte daher das Ziel haben, die Reaktion eines potenziellen Partners zu prüfen oder eine noch junge Bindung zu festigen.
Hinweisende Gesten wie diese gelten als Meilenstein in der Entwicklung von Sprache. Bislang wurden sie aber vor allem unter Primaten untersucht. Um den Ursprung menschlicher Sprache auf die Spur zu kommen, sei es aber nach Pika dringend notwendig, über den Tellerrand zu schauen. (af)
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