Direkt zum Inhalt

Erfindung des Buchdrucks: Schaute Gutenberg bei den "Bilderbäckern" ab?

Schaute Gutenberg bei den "Bilderbäckern" ab?
Johannes Gutenberg war der Erste, der um 1450 Schriften mit beweglichen Lettern druckte – und damit den Grundstein für die massenhafte Vervielfältigung und Verbreitung von Büchern legte. Doch darf der Mainzer Kaufmannssohn auch als Erfinder des Druckverfahrens mit beweglichen Lettern gelten? Möglicherweise nicht, meint der Bonner Kunsthistoriker Gerald Volker Grimm: Einige Jahre vor Gutenberg hätten bereits die so genannten "Bilderbäcker" einzelne bewegliche Buchstaben für die Herstellung von Tonreliefs verwendet.

Diese Fragmente ... | ... tönerner Reliefbilder kamen bei Ausgrabungen in der Nähe des Aachener Doms ans Tageslicht. Die Buchstabenformen in beiden Heiligenscheinen sind identisch – für den Kunsthistoriker Gerald Volker Grimm der Beweis, dass hier mit beweglichen Lettern gearbeitet wurde.
Anders als ihr Name vermuten lässt, stellten die spätmittelalterlichen "Bilderbäcker" keine Köstlichkeiten her, sondern fertigten mit Hilfe von Hohlformen (Model) Statuen und Reliefs aus Ton an. Zu ihrem Repertoire zählten auch Bilder von Heiligen, beispielsweise für die Innenausstattung von Kirchen. Zuletzt fanden sich bei Ausgrabungen in der Nähe des Aachener Doms zahlreiche Fragmente solcher tönerner "Bilddrucke", die Archäologen auf Grund von Stil und Fundlage recht sicher in die Zeit zwischen 1430 und 1445 datieren konnten.

Unter den Funden ... | ... war auch ein Fragment eines Models, mit dem die Heiligenbilder hergestellt wurden. Dieses Relief zeigte ursprünglich wohl den betenden Jesus am Ölberg, von dem hier lediglich die Beine erhalten geblieben sind.
Grimm verglich nun die auf den Tonbildern angebrachten Schriftzüge untereinander und stellte fest: Die jeweiligen Buchstabenformen sind identisch. "Offensichtlich arbeiteten die "Bilderbäcker" mit einzelnen beweglichen Letternstempeln, so genannten Punzen, die sie in die Model pressten", erklärt der Kunsthistoriker. "Derartige Punzen verwendete später auch Gutenberg!"

Da die ersten Druckarbeiten Gutenbergs 1448 entstanden, vermutet Grimm, dass der Mainzer Metallhandwerker die Technik der beweglichen Lettern bei einem Aufenthalt in Aachen kennengelernt und auf seine Druckerpresse übertragen hatte.

Lange vor Gutenberg waren indes schon in Ostasien Vorformen des modernen Buchdrucks bekannt: In China, Korea und Japan wurden Texte bereits im frühen Mittelalter mit Hilfe von Holzschnitten vervielfältigt. Im 11. Jahrhundert soll der chinesische Schmied Pi Sheng aus Ton gebrannte Zeichen in Eisenrahmen zusammengefügt und damit den weltweit ersten Druck mit beweglichen Schriftzeichen angefertigt haben.

Katharina Bolle

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.