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Westantarktis: Schelfeis steht laut Studie unweigerlich vorm Abschmelzen

Simulationen zufolge hat das Amundsensee-Schelfeis den Punkt ohne Wiederkehr bereits überschritten. Damit droht auch der Westantarktische Eisschild seinen Halt zu verlieren.
Eisberg in der Antarktis
Seit Jahren schon zeigt sich, dass das Eis der westlichen Antarktis den steigenden Temperaturen nichts entgegenzusetzen hat. Es verliert an Mächtigkeit, gleichzeitig brechen an seiner Front immer größere Eisberge ab.

Selbst wenn es die Welt schafft, durch gemeinsame Anstrengung die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Zeitraum zu beschränken, wird das Schelfeis in der westantarktischen Amundsensee trotzdem abschmelzen. Das ist im Kern das Ergebnis einer Simulationsstudie von Wissenschaftlern um Kaitlin Naughten vom British Antarctic Survey in Cambridge. Wenn diese Schelfeisregion schmelze, könnte der Westantarktische Eisschild an Stabilität verlieren und ebenfalls abschmelzen. Allein dadurch würde der Meeresspiegel im Lauf der kommenden Jahrzehnte bis Jahrhunderte um drei bis fünf Meter ansteigen.

Details zu ihren Rechnungen präsentiert die Forschungsgruppe in der Fachzeitschrift »Nature Climate Change«. Anders als frühere Prognosen zur Zukunft des Schelfeises benutzten die Fachleute hier ein räumlich viel höher aufgelöstes Modell dieser Ozeanregion. Damit simulierten sie, wie sich die Temperaturen an Ort und Stelle verändern werden, wenn die Menschheit auf eine Erwärmung von 1,5 Grad, 2 Grad oder noch mehr zusteuert. In allen Szenarien enthielt das Wasser unterhalb des Schelfeises ausreichend Wärme im Ozean, um das darüber befindliche Eis zum Schmelzen zu bringen.

Die beiden wichtigsten Schelfeisgebiete der Amundsensee-Region stammen vom Thwaites- und dem Pine-Island-Gletscher. Als Schelfeis bezeichnet man den zumeist mehrere hundert Meter dicken Panzer aus Eis, der von diesen Gletschern auf das Meer hinausgeschoben wird und dort ab einer gewissen Tiefe auf dem Meerwasser aufzuschwimmen beginnt. Das Schelfeis bremst die Eisströme an Land ein und isoliert sie vom wärmeren Ozean. Fehlt es, beschleunigt dies wahrscheinlich die Schmelzvorgänge an Land – im schlimmsten, aber nach aktuellem Wissen auch wahrscheinlichsten Fall wird dadurch der große Westantarktische Eisschild irgendwann kollabieren.

Derzeit fehlt den Simulationsmodellen jedoch noch die Kopplung zwischen Schelfeis und Gletscher, um diese Frage zuverlässig zu beantworten. Es könnte durchaus sein, dass sich bei fortschreitendem Eisverlust neue stabilisierende Kräfte einstellen, die den Kollaps des Eisschilds einbremsen oder gar verhindern. Die beiden größten Schelfeisgebiete der Westantarktis liegen im Ross- und dem Weddellmeer. Sie sind deutlich größer als die Schelfeisgebiete der Amundsensee. Allein durch ihre schieren Ausmaße sind sie weniger stark vor einem unmittelbaren Verschwinden bedroht.

Auch wenn die Schelfeisgebiete der Amundsensee selbst bei ambitioniertester Klimapolitik verschwinden, wie die Simulationen ergaben, solle man beim Klimaschutz trotzdem nicht nachlassen, erklären die Fachleute um Naughten. Ganz davon abgesehen, dass die steigenden Temperaturen weltweit schädliche Auswirkungen haben, die unabhängig vom Eisverlust der Antarktis sind, ändern sich durch eine höhere CO2--Konzentration auch das Ausmaß und die Geschwindigkeit, mit der die Eismassen auf dem Südkontinent verschwinden.

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