Verhaltensforschung: Schimpansen kennen Rache, aber nicht Gehässigkeit
Schimpansen (Pan troglodytes) rächen sich häufig unmittelbar an Artgenossen, die Futter von ihnen stehlen, bestrafen aber selten, wenn die Futterverteilung ohne Absicht des Gegenübers unfair ausfällt. Das fand eine Forschergruppe um Keith Jensen vom Leipziger Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie mit Hilfe von Futterexperimenten heraus. Die Menschenaffen scheinen demnach nicht gehässig wie Homo sapiens zu sein, der Artgenossen auch dann bestraft, wenn sie ohne eigenes Zutun vom Unglück anderer profitieren.
Für eine Reihe unterschiedlicher Versuche wurden jeweils zwei Schimpansen einzeln in Käfige gesetzt, die Sichtkontakt zwischen den Tieren erlaubten. Zwischen den Käfigen stand ein beweglicher Tisch mit Leckerbissen, den eines der Individuen (der Spieler) über das Ziehen an einem Seil zum Kippen bringen konnte, wodurch beide Tiere leer ausgingen. Konnte der Spieler den ersehnten Imbiss aus seinem Käfig selbst erreichen, setzte er das Seil in weniger als fünf Prozent der Fälle ein. Zog aber der zweite Schimpanse (der Partner) das Essen aus der Reichweite des Spielers zu sich heran, brachte dieser in knapp der Hälfte der Durchgänge den Tisch zum Kippen, um dem Dieb den Beutezug zu vermasseln. Nahm hingegen der menschliche Versuchsleiter die Nahrungsmittel und gab sie vor den Augen des Spielers dem Partner, unternahm das geprellte Individuum nur in etwa dreißig Prozent der Fälle Anstalten, diese unfaire Verteilung zu rächen.
Gehässiges Verhalten beim Menschen wurde in spieltheoretischen Experimenten nachgewiesen, bei denen beispielsweise zufallsgeneriert unterschiedliche Geldsummen unter Probanden aufgeteilt wurden. In den meisten Fällen wiesen die Spieler die ungleiche Verteilung zurück, akzeptierten also nicht, dass ein Mitspieler zufällig mehr Geld erhielt als sie selbst.
Wissenschaftler bezeichnen dieses Verhalten als altruistische Bestrafung. Dahinter steht die Vermutung, dass Bestrafungen, die unabhängig von persönlicher Rache oder direktem, materiellen Nutzen sind, im Gesamtüberblick die Kooperation in komplexen sozialen Verbänden wie beim Menschen stabilisieren. Ob auch im Tierreich unter gewissen Umständen altruistische Bestrafung ausgeübt und ob dadurch die Gruppenkooperation stabilisiert wird, bleibt weiterhin unklar. (lp)
Proceedings of the National Academy of Sciences 10.1073/pnas.0705555104 (2007)
©spektrumdirekt
Für eine Reihe unterschiedlicher Versuche wurden jeweils zwei Schimpansen einzeln in Käfige gesetzt, die Sichtkontakt zwischen den Tieren erlaubten. Zwischen den Käfigen stand ein beweglicher Tisch mit Leckerbissen, den eines der Individuen (der Spieler) über das Ziehen an einem Seil zum Kippen bringen konnte, wodurch beide Tiere leer ausgingen. Konnte der Spieler den ersehnten Imbiss aus seinem Käfig selbst erreichen, setzte er das Seil in weniger als fünf Prozent der Fälle ein. Zog aber der zweite Schimpanse (der Partner) das Essen aus der Reichweite des Spielers zu sich heran, brachte dieser in knapp der Hälfte der Durchgänge den Tisch zum Kippen, um dem Dieb den Beutezug zu vermasseln. Nahm hingegen der menschliche Versuchsleiter die Nahrungsmittel und gab sie vor den Augen des Spielers dem Partner, unternahm das geprellte Individuum nur in etwa dreißig Prozent der Fälle Anstalten, diese unfaire Verteilung zu rächen.
Gehässiges Verhalten beim Menschen wurde in spieltheoretischen Experimenten nachgewiesen, bei denen beispielsweise zufallsgeneriert unterschiedliche Geldsummen unter Probanden aufgeteilt wurden. In den meisten Fällen wiesen die Spieler die ungleiche Verteilung zurück, akzeptierten also nicht, dass ein Mitspieler zufällig mehr Geld erhielt als sie selbst.
Wissenschaftler bezeichnen dieses Verhalten als altruistische Bestrafung. Dahinter steht die Vermutung, dass Bestrafungen, die unabhängig von persönlicher Rache oder direktem, materiellen Nutzen sind, im Gesamtüberblick die Kooperation in komplexen sozialen Verbänden wie beim Menschen stabilisieren. Ob auch im Tierreich unter gewissen Umständen altruistische Bestrafung ausgeübt und ob dadurch die Gruppenkooperation stabilisiert wird, bleibt weiterhin unklar. (lp)
Proceedings of the National Academy of Sciences 10.1073/pnas.0705555104 (2007)
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