Kommunikation: Schimpansen warnen einander nur bei Bedarf
Jede Kommunikation wird effizienter, wenn dem Redner vor seiner Ansprache klar ist, was der Zuhörer ohnehin schon verstanden hat. Und das gilt auch für Schimpansen, meinen Klaus Zuberbühler vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und seine Kollegen: Ihre Experimente belegen, dass die Menschenaffen einen Artgenossen nur dann über einen Sachverhalt informieren, wenn der nicht ohnehin schon Bescheid weiß.
Dies zeigen Videobeobachtungen einer Gruppe von 33 Schimpansen im Budongo-Wald in Uganda, denen die Wissenschaftler absichtlich einen Schreck einjagten: Sie platzierten ab und an täuschend echt aussehende Attrappen von Giftschlangen im Revier der Tiere und filmten die Reaktionen der Schimpansen. Schlangen wie die Gabunviper oder die Nashornviper lauern in freier Wildbahn gerne wochenlang an ein und derselben Stelle und gehören zu den größten Bedrohungen der Affen. Finden Schimpansen eine solche Schlange, so informieren sie ihre Artgenossen mit Warnrufen über die lauernde Gefahr.
Dabei achten sie aber ganz offensichtlich darauf, wer die Rufe hören kann und ob dieser Affe bereits über die geortete Schlange informiert ist, schließen Zuberbühler und Kollegen aus den Videoaufnahmen. Darin warnen verschiedene Affen andere Artgenossen selektiv nur dann eindringlich, wenn sie annehmen müssen, dass diese die Bedrohung noch nicht wahrgenommen haben. Demnach müssen sich die Schimpansen in gewisser Weise in ihr Gegenüber hineinversetzen können: Sie wissen, wann sie etwas wissen, was der andere noch nicht wissen kann, und reagieren entsprechend. Diese Fähigkeit – fehlende Informationen anderer Gruppenmitglieder zu erkennen und sie bei Bedarf bereitzustellen – sehen einige Wissenschaftler als wichtigen Schritt während der Evolution von Sprache.
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