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News: Schlaf herbeisehen

Gelegentlich muss das Ticken unserer inneren Uhr an wechselnde Umweltbedingungen angepasst werden. Den Stellschlüssel dafür liefert ein eher seltenes, lichtabhängiges Pigment.
Egal, ob wir sonntags auch ohne Weckergebimmel zu gewohnter Zeit aufwachen oder uns in den ersten Tagen des Neuseelandurlaubs am helllichten Tage fühlen, als müsste es drei Uhr nachts sein und wir dringend ins Bett – in beiden Fällen ist die Ursache unsere unbestechlich tickende innere Uhr. Sie sorgt in Menschen, Pflanzen und Tieren für einen regelmäßigen, am Tageslauf sinnvoll orientierten Rhythmus der Lebensprozesse.

Der Taktgeber solcher circadianer Rhythmen ist dabei zwar recht fest vorprogrammiert, reagiert aber im Falle eines Falles auch gemächlich auf veränderte Umstände. Den Neuseelandtrip etwa, der die Nacht plötzlich zum Tag macht: Nach knapp einer Woche fühlen wir uns am Tag wieder fit und nachts schlafbereit.

Seit längerem schon steht fest, an welchen Umweltreizen die circadianen Rhythmen der meisten Organismen sich orientieren und gegebenenfalls auch neu justieren können. Stets spielt dabei Licht eine Rolle – seine Intensität, der Tag-Nacht-Wechsel oder die Tageslichtlängen im Laufe der Jahreszeiten.

Wie allerdings solche rhythmusgebenden Lichtreize etwa von Säugetieren wahrgenommen werden, war lange Zeit ungeklärt. Die naheliegende Idee, dass die Augen mit ihrem Hauptsehpigment Rhodopsin Lichtinformationen zur circadianen Justierung aufnehmen und an die Zeitregelzentren im Gehirn weiterleiten, war nicht völlig überzeugend: Auch blinde Versuchstiere, denen die Rhodopsin-haltigen Zapfen und Stäbchen der Lichtsinneszellen völlig fehlten, zeigten durchaus eine gesunde Tagesrhythmik. Woher bezog hier die zentrale Zeitschaltuhr im Gehirn die notwendigen Informationen?

Auf der Suche nach einem molekularen Lichtsensor neben Rhodopsin verdächtigten Wissenschaftler bereits früh das verwandte, lichtsensitive Farbpigment Melanopsin. Zunächst entdeckt wurde es in der Haut von Fröschen, die auf wechselnde Lichtreize reagieren kann. Auch in den Augen von Mäusen und Fröschen fand man daraufhin Melanopsin – in der Retina von Säugetieren versteckt es sich beispielsweise in rund 1000 aller Netzhautzellen. Und genau diese Zellen bilden jeweils verdächtige Nervenverbindungen in eine Gehirnregion, in der eben der circadiane Oszillator vermutet wird. Dieses Areal, ein begrenztes Nervengeflecht aus etwa 10 000 Neuronen, liegt beim Menschen inmitten des Hypothalamus oberhalb der Stelle, an der sich die von den Augen kommenden Hauptnervenbahnen kreuzen.

Gleich zwei Forschergruppen strebten nun mit industrieller Unterstützung an, Melanopsin endgültig als molekularen Sensor circadianer Rhythmik zu entlarven. Sowohl Stephen Kay vom Scripps Research Institute und seine Kollegen als auch ein Team der Stanford University um Bruce O'Hara und Norman Ruby untersuchten dazu knockout-Mäuse, die kein Melanopsin mehr produzieren können: Das Gen Opn4, in dem die Melanopsin-Bauanleitung codiert ist, war in den Mäusen ausgeschaltet worden.

Und tatsächlich offenbarten die sonst gesunden Mäuse dieses Stammes auffällige Schwächen: Die Tiere unter Kays Obhut waren nicht länger in der Lage, ihren strengen 24-Stunden-Rhythmus aufrechtzuerhalten und an wechselnde Tageslichtbedingungen anzupassen [1]. Etwas besser hielten sich offenbar die Mäuse in den Versuchen der Stanford-Forscher um Ruby, auch sie offenbarten aber eine um 40 Prozent verminderte Anpassungsfähigkeit ihres circadianen Rhythmus [2]. Melanopsin hat demnach nach Ansicht aller beteiligten Wissenschaftler eine wichtige Funktion als Sensor der inneren Uhr – möglicherweise aber, so O'Hara und Ruby, nur als wichtiger Teil eines mehrfach redundanten Sensorsystems verschiedener Pigmente. Ein solcherart mehrfach gesichertes System, schließen die Forscher, bietet durchaus evolutionäre Vorteile.

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