Direkt zum Inhalt

News: Schlechte Karten für Klone

Dolly hatte sehr viele Geschwister - nur hat leider keines überlebt. Bis zur Geburt des berühmten Klonschafes war es ein weiter Weg, denn die meisten Klonversuche schlagen fehl. Entweder sterben die Föten schon früh ab oder wachsen zu unnatürlichen Größen heran. Für diese Fehlschläge scheinen unterschiedliche Faktoren verantwortlich zu sein: Während die Überlebenschance des Klons von seiner genetischen Ausstattung abhängt, verursacht die Klonierungstechnik den Riesenwuchs.
Am 5. Juli 1996 erblickte "Dolly" das Licht der Welt und trat sofort ihren Siegeszug durch die Wissenschaft an. Ihr Schöpfer, Ian Wilmut vom Roslin Institute in Edinburgh, gelang mit dem Schaf die erste Klonierung eines erwachsenen Säugetieres. Die Technik ist dabei recht einfach: Man nehme eine Eizelle, entferne den Zellkern und setze stattdessen den Zellkern einer erwachsenen Körperzelle hinein. Mit etwas Glück wird sich der Zellkern in seiner neuen Umgebung an sein gesamtes genetisches Erbe erinnern – er wird wieder totipotent – und wächst zu einem neuen Embryo heran. Ein Klon – also ein Zwilling – des Spenders der Körperzelle entsteht.

Doch was so einfach klingt, erweist sich meist als etwas komplizierter. Mit dem "Glück" hapert es oft: Ian Wilmut verbrauchte fast 300 Schafeizellen, um zunächst ganze 29 Retortenembryos herzustellen. Von diesen überlebte gerade einer: Dolly. Und bis heute hat sich die niedrige Überlebensrate der Klone kaum verändert. Fast alle sterben vor der Geburt infolge schwerer körperlicher Defekte, beispielsweise des Kreislaufs- oder des Atmungsystems. Andere Klonföten gehen an einem rätselhafte Riesenwuchs zu Grunde – ein Phänomen, das Wissenschaftler als large offspring syndrome bezeichnen.

Was steckt hinter diesem mysteriösen Klonsterben? Um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, klonierte die Arbeitsgruppe von Rudolf Jaenisch vom Whitehead Institute for Biomedical Research in Cambridge Mäuse. Sie nahmen dazu embryonale Stammzellen unterschiedlicher genetischer Herkunft: Bei den ersten handelte es sich um eine Inzuchtlinie mit gleicher genetischer Ausstattung von Vater und Mutter – sie waren homozygot. Die zweite Gruppe stammte aus Kreuzungen – ihre Gene lagen heterozygot vor. Für beide Gruppen verwendeten die Wissenschaftler unterschiedliche Klonierungstechniken: Entweder nahmen sie den Zellkern der Stammzelle und setzten ihn in eine entkernte Eizelle oder sie injizierten komplette Stammzellen in ein frühes Embryonalstadium – eine Blastocyste –, in der sie sich zu Embryos entwickeln konnten.

Die Wissenschaftler entdeckten zwei unterschiedliche Ursachen für die hohe Sterblichkeit und die abnorme Größe der Klone: Unabhängig von der Klonierungstechnik erlebten nur die Mäuse ihre Geburt, die aus Kreuzungen abstammten. Die Inzuchttiere hatten alle keine Chance – sie starben meist am Versagen des Atmungssystems.

Beim large offspring syndrome lagen die Dinge anders: Das Phänomen trat nur bei der "klassischen" Klonierung auf, wenn die Zellkerne der Stammzellen versetzt wurden. Die kompletten Stammzellen, welche die Wissenschaftler in Blastocysten transferierten, entwickelten sich dagegen zu Embryos normaler Größe.

Offensichtlich verursacht die Klonierungstechnik als solche das abnormale Größenwachstum der Klone, während die guten Überlebenschancen der heterozygoten Klone auf eine genetische Ursache für das Absterben der Klone hindeutet. "Es könnte spezifische 'Überlebensgene' in den Zellen der gekreuzten Mäuse geben, die vor den schädlichen Effekten der Klonierungstechnik schützen", spekuliert Kevin Eggan von der Arbeitsgruppe. "Das Rennen, diese Gene zu identifizieren, kann beginnen."

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.