Verhaltensforschung: Schlechtes Vorbild
Gewalt erzeugt neue Gewalt. Diese Weisheit gilt nicht nur für Homo sapiens. Auch Affenkinder, die unter den Misshandlungen ihrer Eltern zu leiden hatten, werden vermutlich wenig friedfertig mit ihrem Nachwuchs umgehen.
Fleißige Nachrichtenleser und Medienkonsumenten schrecken Berichte über gewalttätige Auseinandersetzungen in aller Welt kaum noch auf – zu "normal" erscheint das wenig friedliebende Zusammenleben der Gattung Mensch. Handelt es sich jedoch bei den Opfern um Kinder, dann reagieren die meisten schon weniger abgebrüht. Besonders schrecklich wird die Gewalt empfunden, wenn sie von den Eltern der Opfer ausgeht.
Fatalerweise wird gewalttätiges Verhalten von Generation zu Generation weitergegeben: Schätzungsweise ein Viertel der Kinder, die von ihren Eltern misshandelt worden sind, werden gegenüber ihren eigenen Sprösslingen handgreiflich. Und etwa siebzig Prozent der gewalttätigen Eltern mussten als Kinder ein elterliches Martyrium erdulden.
Doch woher kommt diese Tradition der Gewalt? Ist sie anerzogen und vom elterlichen Vorbild geprägt? Oder haben die handgreiflichen Eltern "Gewaltgene" von ihren Vorfahren geerbt, die sie in die nächste Generation weitergeben? "Gene oder Umwelt?", so der ewige Streit unter Soziobiologen.
Meist lautet das salomonische Urteil: Sowohl als auch. Doch Dario Maestripieri wollte sich mit dieser Antwort nicht zufrieden geben. Da direkte Untersuchungen am Menschen schwierig sind, beobachtete der Verhaltensforscher von der Universität Chicago die nächsten Verwandten des Menschen. Denn auch von Affen ist bekannt, dass es unter ihnen schon mal wenig liebevolle Eltern gibt.
Und so begab sich der Forscher zur Feldstation des Yerkes-Primatenforschungszentrum der Emory-Universität, wo mehr als 1500 Rhesusaffen leben. Maestripieri trennte hier neugeborene Weibchen von ihren Müttern und ließ sie von Artgenossinnen adoptieren. Dabei erhielten friedliebende Weibchen Adoptivtöchter, die von handgreiflichen Müttern stammten, und umgekehrt.
Das Ergebnis war eindeutig: 9 von 16 Weibchen, die in ihrer Jugend Gewalt erfahren mussten, misshandelten ihren eigenen Nachwuchs, während keines der 15 Weibchen, die eine friedliche Kindheit erleben durften, gegenüber ihren eigenen Jungen handgreiflich wurde – obwohl sechs von ihnen ein gewalttätiges Weibchen als leibliche Mutter hatten.
Demnach scheint das salomonische Sowohl-als-auch doch nicht zuzutreffen. Zumindest bei Affen entscheiden allein die Kindheitserfahrungen über späteres gewalttätiges Verhalten gegenüber dem Nachwuchs; genetische Faktoren spielen dagegen überhaupt keine Rolle.
"Beim Menschen können wir die Genetik nicht ganz ausschließen, da manche Charaktereigenschaften wie Impulsivität möglicherweise vererbt werden und die elterliche Neigung zur Misshandlung ihrer Kinder beeinflussen können", meint Maestripieri. Doch die Botschaft bleibt klar: Der Teufelskreis der Gewalt gegenüber Kindern muss so früh wie möglich gestoppt werden. Damit nicht Gewalt immer wieder neue Gewalt erzeugt.
Fatalerweise wird gewalttätiges Verhalten von Generation zu Generation weitergegeben: Schätzungsweise ein Viertel der Kinder, die von ihren Eltern misshandelt worden sind, werden gegenüber ihren eigenen Sprösslingen handgreiflich. Und etwa siebzig Prozent der gewalttätigen Eltern mussten als Kinder ein elterliches Martyrium erdulden.
Doch woher kommt diese Tradition der Gewalt? Ist sie anerzogen und vom elterlichen Vorbild geprägt? Oder haben die handgreiflichen Eltern "Gewaltgene" von ihren Vorfahren geerbt, die sie in die nächste Generation weitergeben? "Gene oder Umwelt?", so der ewige Streit unter Soziobiologen.
Meist lautet das salomonische Urteil: Sowohl als auch. Doch Dario Maestripieri wollte sich mit dieser Antwort nicht zufrieden geben. Da direkte Untersuchungen am Menschen schwierig sind, beobachtete der Verhaltensforscher von der Universität Chicago die nächsten Verwandten des Menschen. Denn auch von Affen ist bekannt, dass es unter ihnen schon mal wenig liebevolle Eltern gibt.
Und so begab sich der Forscher zur Feldstation des Yerkes-Primatenforschungszentrum der Emory-Universität, wo mehr als 1500 Rhesusaffen leben. Maestripieri trennte hier neugeborene Weibchen von ihren Müttern und ließ sie von Artgenossinnen adoptieren. Dabei erhielten friedliebende Weibchen Adoptivtöchter, die von handgreiflichen Müttern stammten, und umgekehrt.
Dann beobachtete der Forscher, wie diese Adoptivkinder als ausgewachsene Tiere mit ihrem ersten Nachwuchs umgingen: Zogen sie ihre Jungen am Schwanz oder an den Beinen? Stießen sie sie mit beiden Armen weg? Warfen sie die Kleinen auf den Boden? Bissen sie? Traten sie oder setzten sie sich gar auf die Jungtiere? All dies wertete Maestripieri als körperliche Misshandlung.
Das Ergebnis war eindeutig: 9 von 16 Weibchen, die in ihrer Jugend Gewalt erfahren mussten, misshandelten ihren eigenen Nachwuchs, während keines der 15 Weibchen, die eine friedliche Kindheit erleben durften, gegenüber ihren eigenen Jungen handgreiflich wurde – obwohl sechs von ihnen ein gewalttätiges Weibchen als leibliche Mutter hatten.
Demnach scheint das salomonische Sowohl-als-auch doch nicht zuzutreffen. Zumindest bei Affen entscheiden allein die Kindheitserfahrungen über späteres gewalttätiges Verhalten gegenüber dem Nachwuchs; genetische Faktoren spielen dagegen überhaupt keine Rolle.
"Beim Menschen können wir die Genetik nicht ganz ausschließen, da manche Charaktereigenschaften wie Impulsivität möglicherweise vererbt werden und die elterliche Neigung zur Misshandlung ihrer Kinder beeinflussen können", meint Maestripieri. Doch die Botschaft bleibt klar: Der Teufelskreis der Gewalt gegenüber Kindern muss so früh wie möglich gestoppt werden. Damit nicht Gewalt immer wieder neue Gewalt erzeugt.
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