Direkt zum Inhalt

Mäuse: Schmerzempfinden an Mimik ablesbar

»Die Maus war immer der limitierende Schritt in der Untersuchung von Krankheitsgenen«
Wie viel Schmerz eine Maus empfindet, ist verlässlich an ihrer Mimik ablesbar, beobachteten jetzt Forscher um Jeffrey Mogil von der McGill University in Montreal. Eine von ihnen entwickelte Skala, mit deren Hilfe sich die Gesichtsausdrücke klassifizieren lassen, könnte Tierärzten und Experimentatoren in Zukunft verlässlich über das Befinden ihrer Labortiere Auskunft geben. Damit stünde Wissenschaftlern ein objektives Maßsystem zur Verfügung, um etwa die Wirkung von Medikamenten zu beurteilen.

Die Wissenschaftler fügten dazu Mäusen über standardisierte Verfahren Schmerzen zu und fotografierten anschließend die Nager in Großaufnahme. Voruntersuchungen von Mogil und Team hatten fünf Kriterien ergeben, auf denen sie ihre Skala aufbauten: das Zusammenziehen der Augenbrauen, das Wölben der Nase und Backen, die Ohrposition und die Haltung der Schnurrhaare. Aus Bewegungen in diesen Bereichen setzt sich das Schmerzgesicht der Mäuse zusammen, das dadurch in vielfacher Hinsicht dem menschlichen entspricht – auch wir ziehen die Gesichtspartie rund um die Augen zusammen, wenn wir Schmerzen empfinden.

Mitarbeiter werteten dann anhand der Skala die Aufnahmen aus. Mit hoher Zuverlässigkeit konnten geübte Bewerter leidende Mäuse von nicht leidenden unterscheiden. Auch der Schweregrad ließ sich aus dem Gesicht ablesen.

Allerdings hat die Methode auch Einschränkungen. Weder Schmerzreize, die weniger als zehn Minuten anhielten, noch solche, die länger als vier Stunden dauerten, schlugen sich im Gesicht der Nager wieder. Offenbar haben die Mäuse Methoden entwickelt, um insbesondere chronische Schmerzen zu verbergen. Aus evolutionärer Perspektive ergibt es Sinn, gegenüber Artgenossen und Räubern keine Schwächen zu offenbaren. Im Gegensatz dazu dürfte es von Vorteil sein, kurzfristige Schmerzreize zu signalisieren. So könnten Artgenossen eine drohende Gefahr erkennen. Dass Mäuse es ihrem Käfignachbar anmerken können, ob er unter Schmerzen leidet, haben frühere Untersuchungen bereits nachgewiesen. (jd)
  • Quellen
Langford, D.J. et al.: Coding of facial expressions of pain in the laboratory mouse. In: Nature Methods 10.1038/nmeth.1455, 2010.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.