Genetik: Schnabelschalter
Sie gelten als Paradebeispiel für Evolution und Selektion: die Darwinfinken mit ihren unterschiedlichen Schnäbeln. 169 Jahre nach ihrer Entdeckung durch den Schöpfer der Evolutionstheorie ist jetzt auch das entsprechende Gen bekannt.
"Die merkwürdigste Tatsache ist die vollkommene Abstufung in der Größe des Schnabels bei den verschiedenen Arten. Wenn man diese Abstufung und Verschiedenartigkeit der Struktur in einer kleinen, nahe untereinander verwandten Gruppe von Vögeln sieht, so kann man sich wirklich vorstellen, dass in Folge einer ursprünglichen Armut an Vögeln auf diesem Archipel die eine Spezies hergenommen und zu verschiedenen Zwecken modifiziert worden sei."
Als Charles Darwin seine Beobachtungen über "eine äußerst eigentümliche Gruppe von Finken", die er 1835 auf den Galapagos-Inseln entdeckte, niederschrieb, dämmerte ihm bereits, dass die herkömmliche Vorstellung von der Konstanz der Arten – von der er bis dahin selbst fest überzeugt war – nicht richtig sein konnte. Es sollten jedoch noch 24 Jahre verstreichen, bis er schließlich 1859 wagte, seine revolutionäre Theorie über "Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl" zu veröffentlichen.
Darwin konnte jedoch nur das Phänomen beschreiben; über die biochemischen Ursachen der unterschiedlichen Schnäbel seiner Vögel wusste er nichts. Dies konnten jetzt zwei Arbeitsgruppen unabhängig voneinander nachholen: Während sich Ping Wu und Kollegen von der Universität von Südkalifornien in Los Angeles mit Hühner- und Entenembryonen beschäftigen [1], suchten die Forscher um Arhat Abzhanov von der Harvard Medical School in Boston direkt bei Darwinfinken nach der biochemischen Grundlage für die Schnabelform [2].
Beide Forschergruppen konnten nachweisen, dass ein einziges Gen für die unterschiedlichen Schnäbel der Vögel verantwortlich ist: Das Gen Bmp4 kodiert für das Protein BMP4 (bone morphogenetic protein), ein so genanntes Knochen-Morphogenese-Protein, das bereits als wichtiger Regulationsfaktor für das Knochenwachstum während der Embryonalentwicklung von Wirbeltieren bekannt war.
So entstanden in sich entwickelnden Vogelembryonen lange, breite Schnäbel, als die Wissenschaftler um Wu die Menge von BMP4 künstlich erhöhten. Umgekehrt wuchsen den Vögeln nur kurze Schnäbel bei geringer BMP4-Konzentration.
Entsprechend konnten die Forscher aus Boston nachweisen, dass die körnerfressenden Darwinfinken Geospiza fuliginosa, G. fortis und G. magnirostris mit ihren großen, breiten Schnäbeln bereits sehr früh, sehr viel BMP4 in der Embryonalentwicklung bilden. Bei den Arten Geospiza scandens und G. conirostris, die sich mit ihren spitzeren Schnäbeln an Kakteen und Früchten gütlich tun, taucht das Protein dagegen erst spät auf. Und bei Embryonen der ursprünglichsten Art Geospiza difficilis ist das Gen Bmp4 bereits sehr früh aktiv, produziert allerdings nur wenig von dem Wachstumsfaktor.
Der Natur genügt damit ein einziges Gen, um die Vielfalt der Schnabelformen zu erschaffen.
Darwin würde es freuen.
Als Charles Darwin seine Beobachtungen über "eine äußerst eigentümliche Gruppe von Finken", die er 1835 auf den Galapagos-Inseln entdeckte, niederschrieb, dämmerte ihm bereits, dass die herkömmliche Vorstellung von der Konstanz der Arten – von der er bis dahin selbst fest überzeugt war – nicht richtig sein konnte. Es sollten jedoch noch 24 Jahre verstreichen, bis er schließlich 1859 wagte, seine revolutionäre Theorie über "Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl" zu veröffentlichen.
Heute schmücken die nach ihrem Entdecker benannten Darwinfinken jedes Biologieschulbuch als das Paradebeispiel für die Veränderlichkeit der Arten durch die Selektion. Vermutlich wurde gegen Ende des Tertiärs vor etwa zwei bis drei Millionen Jahren eine einzige Stammform zufällig auf das ferne Archipel verschlagen. Hieraus entwickelten sich die jetzt 14 bekannten Spezies, die sich hauptsächlich durch ihre Schnabelform unterscheiden: Während manche mit ihren dicken, klobigen Schnäbeln Körner picken, bevorzugen andere mit schmalen, spitzen Schnäbeln Insektenkost.
Darwin konnte jedoch nur das Phänomen beschreiben; über die biochemischen Ursachen der unterschiedlichen Schnäbel seiner Vögel wusste er nichts. Dies konnten jetzt zwei Arbeitsgruppen unabhängig voneinander nachholen: Während sich Ping Wu und Kollegen von der Universität von Südkalifornien in Los Angeles mit Hühner- und Entenembryonen beschäftigen [1], suchten die Forscher um Arhat Abzhanov von der Harvard Medical School in Boston direkt bei Darwinfinken nach der biochemischen Grundlage für die Schnabelform [2].
Beide Forschergruppen konnten nachweisen, dass ein einziges Gen für die unterschiedlichen Schnäbel der Vögel verantwortlich ist: Das Gen Bmp4 kodiert für das Protein BMP4 (bone morphogenetic protein), ein so genanntes Knochen-Morphogenese-Protein, das bereits als wichtiger Regulationsfaktor für das Knochenwachstum während der Embryonalentwicklung von Wirbeltieren bekannt war.
So entstanden in sich entwickelnden Vogelembryonen lange, breite Schnäbel, als die Wissenschaftler um Wu die Menge von BMP4 künstlich erhöhten. Umgekehrt wuchsen den Vögeln nur kurze Schnäbel bei geringer BMP4-Konzentration.
Entsprechend konnten die Forscher aus Boston nachweisen, dass die körnerfressenden Darwinfinken Geospiza fuliginosa, G. fortis und G. magnirostris mit ihren großen, breiten Schnäbeln bereits sehr früh, sehr viel BMP4 in der Embryonalentwicklung bilden. Bei den Arten Geospiza scandens und G. conirostris, die sich mit ihren spitzeren Schnäbeln an Kakteen und Früchten gütlich tun, taucht das Protein dagegen erst spät auf. Und bei Embryonen der ursprünglichsten Art Geospiza difficilis ist das Gen Bmp4 bereits sehr früh aktiv, produziert allerdings nur wenig von dem Wachstumsfaktor.
Der Natur genügt damit ein einziges Gen, um die Vielfalt der Schnabelformen zu erschaffen.
Darwin würde es freuen.
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