Fremde Sonnensysteme: Schnee in werdendem Planetensystem
Mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in Chile gelang es Astronomen um Chunhua Qi vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics erstmals, eine Schneegrenze in der Staubscheibe um den Stern TW Hydrae direkt zu beobachten. Sie kennzeichnet die Entfernung vom Zentrum, ab der die Temperaturen in der Scheibe so gering werden, dass sich Kohlenmonoxid (CO) als Reif an den Staubteilchen absetzt. Die Schneegrenze bestimmt also, wo sich in einer Staubscheibe felsige Planeten wie die Erde oder Gasriesen wie Jupiter bilden werden. Erdähnliche Planeten mit insgesamt nur geringen Gehalten an leichtflüchtigen Substanzen entstehen in den Regionen nahe am Stern, in denen trockener Gesteinsstaub vorherrscht, jupiterähnliche Planeten dagegen in den "verschneiten" Regionen hinter der Kohlenmonoxid-Schneegrenze.
In einer stellaren Scheibe verlaufen mehrere Schneegrenzen, die sich in Abhängigkeit von der Temperatur des Scheibenmaterials ausbilden. Diese wird sowohl durch den Abstand zum jungen Stern als auch durch die Energiefreisetzung des Zentralgestirns bestimmt. Die innerste und namensgebende Schneegrenze ist der Bereich, an dem die Scheibentemperatur unter null Grad Celsius sinkt. Dann friert der in der Scheibe befindliche Wasserdampf an den Oberflächen der Staubteilchen aus und bildet einen reifähnlichen Überzug. Mit steigendem Abstand zum Stern folgen bei sinkenden Temperaturen Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und schließlich Kohlenmonoxid (CO). Bislang war es jedoch noch nicht gelungen, eine dieser Grenzen in den so genannten protoplanetaren Scheiben direkt zu beobachten.
Für ihre Untersuchungen mit ALMA suchten sich die Astronomen um Qi den rund 175 Lichtjahre entfernten, jungen Stern TW Hydrae im Sternbild Wasserschlange heraus. Von ihm ist seit Langem bekannt, dass ihn eine ausgedehnte Staubscheibe umgibt, die zudem annähernd senkrecht zu unserer Blickrichtung orientiert ist. Dadurch können wir sie vollständig überblicken. Das gefrorene Kohlenmonoxid auf den Staubpartikeln lässt sich mit ALMA nicht direkt beobachten. Stattdessen bedienten sich die Forscher eines Tricks, indem sie nach dem Molekül Diazen (N2H+) Ausschau hielten. Dieses Molekül reagiert intensiv mit dem gasförmigen Kohlenmonoxid und wird dabei völlig zersetzt. Es findet sich also erst dann in größeren Mengen in der Staubscheibe, wenn das Kohlenmonoxid ausgefroren ist und nicht mehr mit ihm reagieren kann.
Mit ALMA konnten die Astronomen eine Verteilungskarte für Diazen erstellen und zeigen, dass die Kohlenmonoxid-Schneegrenze rund 30 Astronomische Einheiten vom Zentralgestirn entfernt ist, was etwa der Entfernung des äußersten Planeten Neptun in unserem Sonnensystem entspricht. Sie befindet sich somit genau dort, wo sie gemäß der gängigen Theorien auch liegen sollte.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben