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News: Schneeschmelze beim Nachbarn

Die Hiobsbotschaft kommt vom Südpol: Die Eisdecke schmilzt dramatisch, ist hier und da schon um Meter geschrumpft - und das innerhalb nur eines Jahres! In zehn oder zwanzig Jahren, so vermuten Forscher, haben sich die Schmelzmulden im Eis über den ganzen Südpol ausgebreitet, was dramatische Auswirkungen auf das Klima haben könnte. Uns Menschen kann das zum Glück egal sein.
Am Südpol des Mars ...
Es besteht kein Grund zur Sorge: An diesem Südpol schwindet kein Wassereis, sondern geforenes Kohlendioxid, und es handelt sich auch nicht um unsere Antarktis, sondern um das südliche Ende des Mars. Die Nachricht einer globalen Erwärmung beträfe in diesem Fall also einmal nicht die Erde, sondern unseren ohnehin ziemlich kalten roten Nachbarn.

Michael Malin und seine Kollegen von Malin Space Science Systems in San Diego hatten Bilder der Mars Orbiter Camera (MOC) an Bord des Mars Global Surveyor ausgewertet und dabei Erstaunliches entdeckt: 1999 beobachteten sie die muldenförmig vertieften Flecken zum ersten Mal, und nur ein Marsjahr - oder rund 690 Erdtage - später waren die rundlichen Vertiefungen in dem gefrorenen Kohlendioxid deutlich größer geworden und die dazwischen liegenden Bereiche geschrumpft. 25 bis 50 Prozent aller untersuchten Strukturen hatten sich in dieser kurzen Zeit um einen bis drei Meter tiefer gelegt.

Nun weiß man seit langem, dass die Polkappen des Mars im Wandel der Jahreszeiten größer und kleiner werden, denn im Sommer sublimiert ein Teil des gefrorenen Kohlendioxids, um im Winter erneut als "Trockeneis" auf die Polkappen zu schneien. Das ist auch der Grund, warum der Luftdruck auf dem Mars sommers und winters um rund 20 Prozent schwankt.

Die Forscher um Malin wissen, dass die Daten eines Jahres kaum langfristige Prognosen zulassen, immerhin legen die Bilder nahe, dass es zwischen den polaren Eiskappen und der Atmosphäre zu deutlichen Gleichgewichtsschwankungen kommt. Wenn sich die beobachtete Entwicklung fortsetzte, näme die Albedo der Eiskappen in zehn Jahren um 0,1 Prozent ab, was die atmosphärische CO2-Konzentration immerhin um einen Prozent ansteigen ließe.

Die Marsatmosphäre ist nur ein Hundertstel so dicht wie die Erdatmosphäre und besteht zu 95,3 Prozent aus Kohlendioxid. Der exponentielle Zusammenhang zwischen absorbierter Sonnenstrahlung und Größe der polaren Eiskappen - und damit der Menge an atmosphärischem Kohlendioxid - könnte rasche und deutliche Auswirkungen auf das Marsklima haben. So könnte sich der Luftdruck in ein paar Hundert oder Tausend Jahren verdoppeln.

Vielleicht ist dies alles Folge der im Vergleich zur Erde viel deutlicheren Schwankungen der Orbitalparameter des Mars. Der "global change" könnte, kommentiert David Paige von der University of California in Los Angeles, auf dem Mars also zur Routine gehören.

Apropos Orbitalparameter: Weil die Marsbahn viel elliptischer ist als die Erdbahn, sind Herbst und Winter auf der Südhalbkugel länger als im Norden, weshalb Berechnungen zufolge der Eiszuwachs am Südpol während der kalten Jahreszeit um 30 Prozent höher liegen müsste als am Nordpol. Doch der Msrs hält sich nicht an irdische Theorien.

David Smith vom Goddard Space Flight Center in Greenbelt und seine Kollegen hatte Daten des Mars Orbiter Laser Altimeter (MOLA) ausgewertet und dabei festgestellt, dass die Eisoberfläche an den Polen im Winter um rund einen Meter dicker wurde - und zwar an beiden Polen gleichmäßig. Der winterliche Zuwachs ist an Nord- und Südpol ganz offensichtlich der Gleiche. Das ist merkwürdig, damit hatte niemand gerechnet, und niemand weiß, wie es dazu kommt.

Und noch etwas konnten Smith und seine Mitarbeiter zeigen; nämlich, dass Skilaufen auf dem Mars kaum Spaß machen dürfte. Denn das CO2-Eis hat etwa die Dichte von Wasser auf der Erde. Beinharte Eisbretter wären somit eher zu erwarten als feine Pulverschneepisten.

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