spektrumdirekt unterwegs: Schöne, zerstörte Natur
Schönheit und Zerstörung liegen zuweilen eng beieinander. Wie eng, das zeigt die Ausstellung "Tanz auf dem Vulkan" mit kunstvollen, ästhetischen Bildern zu kritischen Themen wie Umweltverschmutzung und Müllproduktion und Dokumentarfilmen, die den Besucher in das Leben von Menschen nach einer Industriekatastrophe versetzen.
Wie ein modernes Knusperhäuschen thront die "Funny Farm" von Laura Kikauka inmitten des Stuttgarter Ausstellungsraumes. Der Anziehungskraft dieses überbunten Sammelsuriums von Plastikabfällen, Stoffresten und unzähligem weiterem Krimskrams, modelliert zu einem Miniaturhaus, kann sich der Besucher schwer entziehen. Ein Schild direkt am Eingang lockt mit den Worten: "Enter if you dare" – also "Tritt ein, wenn du dich traust" –, und einen Blick in diese eigene Welt sollte sich auch wirklich kein Besucher entgehen lassen!
In der toten Stadt
"Ich spüre nichts von einer Strahlung", antwortet ein Bauer wie selbstverständlich dem Kamerateam auf die Frage, warum er sich nicht umsiedeln lassen möchte. Wie er leben noch etwa 700 vor allem ältere Menschen in der "Zone", die sich 30 Kilometer um das Kernkraftwerk Tschernobyl erstreckt. Die Stadt Pripyat im Zentrum des gesperrten Gebietes gleicht trotzdem einer Geisterstadt: Leere Straßen, die langsam von Pflanzen zugewuchert werden, verlassene Schulen, in denen noch aufgeschlagene Hefte auf den Pulten liegen – gerade weil die Stadt so plötzlich aus dem Alltag gerissen wurde, erschreckt sie mit ihrer wie eingefrorenen Stille.
Rund 135 000 Menschen wurden nach dem Reaktorunfall im Jahr 1986 evakuiert. Der Dokumentarfilm von Nikolaus Geyrhalter beleuchtet eindrucksvoll das Leben derjenigen, die trotz der radioaktiven Verseuchung in der Zone geblieben sind. Der Filmemacher verbrachte drei Monate im Sperrbezirk, um die sehr unterschiedlichen Menschen zu Wort kommen zu lassen. "Pripyat" lebt allein von Äußerungen der Einheimischen, die in ihrer Gegensätzlichkeit ohne Kommentar stehen bleiben. Ansässige Wissenschaftler entnehmen Wasserproben eines Flusses und sprechen von seiner Verseuchung – kurz darauf wird ein altes Bauern-Ehepaar beim Wasserholen gezeigt.
Das Darstellen von Extremen, ohne sie mit einer moralischen Wertung zu versehen, zieht sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung. Der Besucher kann in einem abgetrennten Bereich ein so genanntes Survival-Shooter Computerspiel ausprobieren, das in der Sperrzone rund um Tschernobyl spielt. In "S.T.A.L.K.E.R.: Shadow of Chernobyl" kämpft sich der Spieler durch die menschenleere Region um das Atomkraftwerk, in der ihn Monster und Anomalien angreifen.
Am eigenen Leib erleben, wie sich die Todeszone anfühlt? Die Bilder sind jedenfalls realistisch und an vielen Stellen des Spiels den Originalorten detailgetreu nachempfunden, so zum Beispiel die Hauptstraße, der große Platz in Pripyat und das Kernkraftwerk selbst. Ob das Spiel jedoch tatsächlich eine Warnung vor der menschlichen Selbstüberschätzung darstellt, wie die Entwickler betonen, oder ob es die Kulisse nicht einfach ausnutzt, um eine medienwirksame Verkaufsstrategie für ein Produkt zu entwerfen, muss der Besucher der Ausstellung für sich selbst beantworten.
Bleibende Schäden
Auch Chemieunfälle wie das Seveso-Unglück in Oberitalien 1976 und die weltweit größte Katastrophe 1984 in Bhopal werden thematisiert. In Comic-ähnlichen Aquarellzeichnungen stellt Sarnath Banerjee beispielsweise das Schicksal des Dr. Satpathy dar. In der Nacht der Giftkatastrophe führte er allein 200 Autopsien durch, um die Todesursache der Opfer zu ergründen. Den Toten entwich Gas aus der Lunge, wodurch der Arzt sich nach und nach selbst vergiftete und schließlich an den Folgen starb.
Die sehr unterschiedlichen Herangehensweisen der zwölf Künstler, Filmemacher und Spieldesigner mit den Themen Umweltverschmutzung und Industriekatastrophen machen den Besuch in der kleinen, aber feinen Ausstellung zu einem abwechslungsreichen Erlebnis. "Tanz auf dem Vulkan" ist noch bis zum 11. Januar 2009 in der ifa-Galerie in Stuttgart zu sehen.
Die Künstlerin geht spielerisch mit dem Thema Wegwerfgesellschaft um. Sie zeigt eindrucksvoll, dass der Müll des einen das Objekt der Begierde des anderen sein kann. Ohne den moralischen Zeigefinger zu erheben, macht sie auf die katastrophale Verschwendung von Ressourcen und die sinnlose Überproduktion aufmerksam. Ihrer Fantasie und Freude lässt sie bei der Modellierung ihrer Kunst freien Lauf, wodurch sie ein eigentlich bedrückendes Thema erfrischend positiv darstellt. Besucher der Ausstellung "Tanz auf dem Vulkan" können in der "Funny Farm" Luft holen, wenn sie eine Pause von den häufig erschreckenden Schicksalen brauchen, wie sie zum Beispiel der Dokumentarfilm "Pripyat" zeigt.
In der toten Stadt
"Ich spüre nichts von einer Strahlung", antwortet ein Bauer wie selbstverständlich dem Kamerateam auf die Frage, warum er sich nicht umsiedeln lassen möchte. Wie er leben noch etwa 700 vor allem ältere Menschen in der "Zone", die sich 30 Kilometer um das Kernkraftwerk Tschernobyl erstreckt. Die Stadt Pripyat im Zentrum des gesperrten Gebietes gleicht trotzdem einer Geisterstadt: Leere Straßen, die langsam von Pflanzen zugewuchert werden, verlassene Schulen, in denen noch aufgeschlagene Hefte auf den Pulten liegen – gerade weil die Stadt so plötzlich aus dem Alltag gerissen wurde, erschreckt sie mit ihrer wie eingefrorenen Stille.
Rund 135 000 Menschen wurden nach dem Reaktorunfall im Jahr 1986 evakuiert. Der Dokumentarfilm von Nikolaus Geyrhalter beleuchtet eindrucksvoll das Leben derjenigen, die trotz der radioaktiven Verseuchung in der Zone geblieben sind. Der Filmemacher verbrachte drei Monate im Sperrbezirk, um die sehr unterschiedlichen Menschen zu Wort kommen zu lassen. "Pripyat" lebt allein von Äußerungen der Einheimischen, die in ihrer Gegensätzlichkeit ohne Kommentar stehen bleiben. Ansässige Wissenschaftler entnehmen Wasserproben eines Flusses und sprechen von seiner Verseuchung – kurz darauf wird ein altes Bauern-Ehepaar beim Wasserholen gezeigt.
Das Darstellen von Extremen, ohne sie mit einer moralischen Wertung zu versehen, zieht sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung. Der Besucher kann in einem abgetrennten Bereich ein so genanntes Survival-Shooter Computerspiel ausprobieren, das in der Sperrzone rund um Tschernobyl spielt. In "S.T.A.L.K.E.R.: Shadow of Chernobyl" kämpft sich der Spieler durch die menschenleere Region um das Atomkraftwerk, in der ihn Monster und Anomalien angreifen.
Am eigenen Leib erleben, wie sich die Todeszone anfühlt? Die Bilder sind jedenfalls realistisch und an vielen Stellen des Spiels den Originalorten detailgetreu nachempfunden, so zum Beispiel die Hauptstraße, der große Platz in Pripyat und das Kernkraftwerk selbst. Ob das Spiel jedoch tatsächlich eine Warnung vor der menschlichen Selbstüberschätzung darstellt, wie die Entwickler betonen, oder ob es die Kulisse nicht einfach ausnutzt, um eine medienwirksame Verkaufsstrategie für ein Produkt zu entwerfen, muss der Besucher der Ausstellung für sich selbst beantworten.
Bleibende Schäden
Auch Chemieunfälle wie das Seveso-Unglück in Oberitalien 1976 und die weltweit größte Katastrophe 1984 in Bhopal werden thematisiert. In Comic-ähnlichen Aquarellzeichnungen stellt Sarnath Banerjee beispielsweise das Schicksal des Dr. Satpathy dar. In der Nacht der Giftkatastrophe führte er allein 200 Autopsien durch, um die Todesursache der Opfer zu ergründen. Den Toten entwich Gas aus der Lunge, wodurch der Arzt sich nach und nach selbst vergiftete und schließlich an den Folgen starb.
Doch nicht nur Katastrophen, sondern auch die ganz "normale" Umweltverschmutzung sind in "Tanz auf dem Vulkan" eindrucksvoll bebildert. Insbesondere die Fotografien von J. Henry Fair hinterlassen einen bleibenden Eindruck. Auf den ersten Blick bezaubernde, abstrakte Naturbilder entpuppen sich bei genauerem Hinsehen als zerstörte Industrielandschaften. Der Künstler schafft ein Paradox zwischen Schönheit und Destruktion, durch das seine Bilder ihre besondere Faszination entwickeln. "Industrial Scars" nennt Fair seine Fotografien, mit denen er den Betrachter zu einem bewussteren Umgang mit der Natur bewegen möchte.
Die sehr unterschiedlichen Herangehensweisen der zwölf Künstler, Filmemacher und Spieldesigner mit den Themen Umweltverschmutzung und Industriekatastrophen machen den Besuch in der kleinen, aber feinen Ausstellung zu einem abwechslungsreichen Erlebnis. "Tanz auf dem Vulkan" ist noch bis zum 11. Januar 2009 in der ifa-Galerie in Stuttgart zu sehen.
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