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News: Schokolade als Kontrastmittel

Alle sprichwörtlich möglichen und unmöglichen - und teuren - Substanzen haben die Radiologen ihren Patienten bereits 'eingefüllt', um bessere Röntgen-, Ultraschall- oder Magnetresonanz-Bilder aus dem Körper zu bekommen. Doch manchmal führt der Zufall zu ganz einfachen Mitteln: Schokolade beispielsweise erhöht nach Aussage eines Züricher Mediziners die Abbildungsqualität bei Magnet-Resonanz-Darmuntersuchungen.
Nicht mehr "Traum", sondern an der Kippe zur Routine ist die "Virtuelle Endoskopie". Dabei wird die Betrachtung des Darms im Rahmen von Vorsorge- und Diagnose-Untersuchungen durch die Computertomographie (Röntgenschichtbilder) oder durch die Magnetresonanz (Bilder durch Anlegen starker Magnetfelder) ersetzt. Der Ulmer Experte Dr. H.-J. Brambs: "Die Kosten sind noch ein limitierender Faktor."

Aus den einzelnen Bildern errechnet der Computer das Bild des Darms von außen und von innen. Der Arzt "fliegt" durch den Darm, sieht eventuell noch gutartige Polypen, die entfernt werden können, bevor daraus Darmkrebs entsteht. Die erste Technik, mit der das möglich war, war die Spiral-Computertomographie, bei der die Röntgenröhre in einer Spirale um den Patienten herumläuft und so binnen Sekunden der gesamte Bauchraum abgebildet werden kann.

Doch die 3D-Magnetresonanz könnte zur harten Konkurrenz werden. Debatin: "Sie kommt ganz ohne Röntgenstrahlen aus. Immerhin steigt die Belastung ja mit jedem Schichtbild." – Und die Ärzte wollen möglichst viele Schichtbilder haben, um die Auflösung möglichst groß zu machen. Angestrebt werden fünf Millimeter Auflösungsvermögen.

Der Schweizer Fachmann: "Derzeit müssen wir für die Aufnahmen den Darm mit literweise Wasser und einem Kontrastmittel füllen. Der Darm muß auch leer sein. Wir können aber schon per Magnetresonanz in Schwarz-Weiß-Bildern durch den Darm und um Polypen herum 'fliegen'." Krebstumore lassen sich leicht erkennen.

Was so eigenartig klingt, soll in Zukunft die für den Patienten unangenehme und oft schmerzhafte Darmspiegelung per Endoskop ersetzen helfen und – endlich – zur möglichst viele Menschen umfassenden Darmkrebs-Vorsorge führen. Einfach zu erzielende Bilder in Geräten mit einem hohen Durchsatz von Patienten könnten so zu echten Massen-Screening-Programm führen. Und da Jahre vergehen, bis ein gutartiger Darm-Polyp bösartig wird, steht genug Zeit für solche Vorsorgeuntersuchungen zur Verfügung. Der Krebs ist im Frühstadium zu 90 Prozent heilbar.

Die Genauigkeit der für den Patienten wesentlich weniger belastenden Magnetresonanz-Untersuchung zur Krebs-Früherkennung ist verblüffend: Insgesamt beträgt sie 48 Prozent, bei Läsionen von mehr als fünf Millimetern bereits 62 Prozent, bei Veränderungen von mehr als sieben Millimetern 75 Prozent und bei verdächtigen Polypen von mehr als zehn Millimetern Größe sogar schon 93 Prozent.

Der Schweizer Experte J. F. Debatin weist aber auch auf die Kosten hin. "Allerdings muß man noch Kosten pro Untersuchung von 390 US-Dollar einrechnen." Davon entfallen 200 Dollar auf die Nutzung des medizinischen Großgeräts und 100 Dollar auf das Kontrastmittel zur Verbesserung der Abbildung des Darms.

Debatin: "Wir wären ja nicht Schweizer, wenn wir nicht Schokolade hätten. Die macht in der MR-Untersuchung den Darm weiß. Vanille Creme kann das nicht." – Jedenfalls soll durch die Entdeckung einfacherer und billigerer Kontrastmittel die Magnetresonanz-Untersuchung zur Früherkennung von Dickdarmkrebs im Massenscreening-Verfahren leichter realisierbar werden.

Noch ein weiteres Problem gilt es zu lösen: Für die Untersuchungen muß bisher der Darm – bis auf das Kontrastmittel – leer sein. Doch auch das ließe sich eventuell mit Mitteln, die man mehrere Tage lang einnimmt und so den Darminhalt so einfärbt, daß er sich von der Darmwand abhebt (Schokolade etc.), lösen.

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