Sozialverhalten: Schon Kinder unterschätzen, was Freundlichkeit bewirkt
Freundlichkeit ist so etwas wie der Schmierstoff für das soziale Miteinander. Einem Fremden die Tür aufzuhalten, dem Nachbarn die Einkäufe in die Wohnung zu tragen oder einem Kollegen ein Kompliment zu machen, kostet uns selbst wenig, kann aber beim Gegenüber viel bewirken. Wie viel, das unterschätzen Menschen Studien zufolge allerdings systematisch. Margaret Echelbarger von der Stony Brook University und Nicholas Epley von der University of Chicago konnten nun zeigen, dass das sogar schon für Kinder gilt.
Die beiden Psychologen rekrutierten für ihr Experiment in einem Museum 50 Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 17 Jahren sowie 50 Erwachsene. Die Versuchspersonen absolvierten zunächst eine andere Aufgabe und bekamen dann als Belohnung zwei Stifte ausgehändigt. Einen davon sollten sie selbst behalten, den anderen einem fremden Museumsbesucher aus ihrer Altersgruppe schenken. Sobald sich die Teilnehmenden eine Person ausgeguckt hatten, befragten die Forschenden sie dazu, wie die andere Person diesen spontanen Akt der Freundlichkeit wohl bewerten und welche Auswirkungen er auf deren Gefühle haben würde. Anschließend überbrachten die Wissenschaftler im Auftrag der Probanden den Stift und befragten die Beschenkten ebenfalls.
Dabei stellten Echelbarger und Epley fest, dass die Wahrnehmung von Schenkenden und Beschenkten in beiden Altersgruppen spürbar auseinanderging. Obwohl Kinder und Jugendliche den Effekt des Geschenks grundsätzlich als höher bewerteten, unterschätzen die Schenkenden im Durchschnitt die positiven Auswirkungen, die ihre Freundlichkeit auf die andere Person hatte. Ein zweites Experiment mit Erwachsenen und jüngeren Kindern im Alter von vier bis sieben Jahren lieferte ein ähnliches Ergebnis.
Frühere Untersuchungen an Erwachsenen hatten Hinweise darauf geliefert, dass solche Unterschiede in der Wahrnehmung Menschen letztlich von prosozialem Verhalten abhalten könnten. Inwiefern das auch bereits für Kinder gelte, könne diese Untersuchung allerdings nicht beantworten, schränken Echelbarger und Epley ihre Ergebnisse ein. Dafür brauche es weitere Studien.
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