Anthropologie: Schon Vor-Neandertaler hatte lange Kindheit
Schon vor fast einer Million Jahren sollen Urmenschen eine ähnlich lange Kindheit wie moderne Menschen gehabt haben – obwohl sie aus kognitiver Sicht vermutlich noch nicht an den modernen Menschen heranreichten. Das postulieren Wissenschaftler zumindest für die frühen Neandertalervorfahren aus der spanischen Sierra de Atapuerca, die ihre Entdecker der Art Homo antecessor zuschlagen.
Das Alter des vor 800 000 bis 960 000 Jahren gestorbenen Kindes bestimmten die Wissenschaftler anhand der Zahnschmelzbildungsrate und des Wurzelwachstums. Bermúdez de Castro und Team schätzten die H. antecessor-Werte über den Vergleich mit Schimpansen, frühen Hominiden und dem modernen Menschen ab und ermittelten dann den Reifungsgrad der großteils noch im Kiefer verborgenen bleibenden Zähne mit Hilfe eines Computertomografen.
Die Zeit, die ein größeres Gehirn zur Ausreifung benötigt, wurde im Lauf der Evolution immer mehr auf die Jahre nach der Geburt verlegt, was unter anderem Auswirkungen auf das soziale Leben hatte. Eine verlängerte Kindheit gilt daher als Zeichen höherer kognitiver Komplexität, wie sie für Angehörige der Gattung Homo typisch ist. Dass dieser Prozess bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt moderne Dimensionen erreicht hat, deuten Bermúdez de Castro und Kollegen vorsichtig als Hinweis, dass die Intelligenz eines H. antecessor womöglich doch nicht so eingeschränkt war wie von Forschern im Allgemeinen angenommen.
Jan Dönges
Proceedings of the National Academy of Sciences 107:23, 2010.
Das Forscherteam um José-Maria Bermúdez de Castro vom Centro Nacional de Investigación sobre Evolución Humana in Burgos untersuchte dazu das Kieferknochenfragment eines rund sechsjährigen Kindes. Reihenfolge und Zeitpunkt der Gebissbildung entspreche vollständig dem menschlichen Muster. Das äußere sich unter anderem darin, dass die Backenzähne sich später ausbildeten als die vorderen Zähne und dass sie im selben Alter durchgebrochen seien wie bei modernen Menschen.
Das Alter des vor 800 000 bis 960 000 Jahren gestorbenen Kindes bestimmten die Wissenschaftler anhand der Zahnschmelzbildungsrate und des Wurzelwachstums. Bermúdez de Castro und Team schätzten die H. antecessor-Werte über den Vergleich mit Schimpansen, frühen Hominiden und dem modernen Menschen ab und ermittelten dann den Reifungsgrad der großteils noch im Kiefer verborgenen bleibenden Zähne mit Hilfe eines Computertomografen.
Die Zeit, die ein größeres Gehirn zur Ausreifung benötigt, wurde im Lauf der Evolution immer mehr auf die Jahre nach der Geburt verlegt, was unter anderem Auswirkungen auf das soziale Leben hatte. Eine verlängerte Kindheit gilt daher als Zeichen höherer kognitiver Komplexität, wie sie für Angehörige der Gattung Homo typisch ist. Dass dieser Prozess bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt moderne Dimensionen erreicht hat, deuten Bermúdez de Castro und Kollegen vorsichtig als Hinweis, dass die Intelligenz eines H. antecessor womöglich doch nicht so eingeschränkt war wie von Forschern im Allgemeinen angenommen.
Jan Dönges
Proceedings of the National Academy of Sciences 107:23, 2010.
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