News: Schutz vor Prionen mit Antikörpern
Frank Heppner und Adriano Aguzzi vom Universitätsspital Zürich haben jetzt Mäuse genetisch in der Weise verändert, dass diese dauerhaft Antikörper gegen das normale Prionprotein PrPC produzieren. Die genetische Manipulation bestand im Einsetzen eines spezifischen Genfragmentes, das für die Produktion eben dieser PrPC-Antikörper verantwortlich ist. Die genetisch veränderten Mäuse sind somit in der Lage, dauerhaft Antikörper zu bilden, der spezifisch an das normale Prionprotein PrPC binden können. Dies ähnelt einer Impfung, bei der typischerweise das Immunsystem Antikörper gegen einen definierten Erreger produziert.
Prinzipiell gibt es zwei Formen der Immunisierung, nämlich die passive sowie die aktive. Die passive Immunisierung sieht das Übertragen von bereits produzierten Antikörpern vor: Das Immunsystem des Empfängers muss hier nicht mehr selbst aktiv Antikörper produzieren. Bei der aktiven Immunisierung wird entweder ein so genannter Lebendimpfstoff in abgeschwächter Form oder ein Totimpfstoff verabreicht. Hier muss der geimpfte Organismus selbst die Antikörper bilden. Eine bestimmte Form von weißen Blutzellen, die B-Lymphozyten, sind in der Lage, die verabreichten Erreger als fremd zu erkennen und mit der Produktion von Antikörpern gegen diese Erreger zu reagieren.
Eine Ausnahme bilden Proteine, die Bestandteil des eigenen Körpers sind und vom Immunsystem als eigen erkannt und toleriert werden. Dies ist wichtig, da bei Missachtung dieser so genannten Selbsttoleranz eine Autoimmunerkrankung die Folge wäre. Da das normale Prion-Eiweiß PrPC von den meisten menschlichen und tierischen Zellen hergestellt wird, blieb bis jetzt eine klassische aktive Immunisierung gegen PrPC erfolglos – vermutlich aufgrund des Prinzips der Selbsttoleranz.
Durch die genetische Manipulation der Mäuse, welche die dauerhafte Produktion eines Antikörper gegen PrPC zur Folge hatte, konnten die Wissenschaftler nun das Problem der Selbsttoleranz umgehen und zwei grundlegende Erkenntnisse gewinnen:
Erstens scheint der lebende Organismus der Maus die Produktion von Antikörpern gegen PrPC zuzulassen, ohne das körpereigene Prionprotein anzugreifen und einen offensichtlichen krankmachenden Prozess auszulösen. Es kommt erst zu Veränderungen, wenn das normale Prionprotein, durch einen weiteren genetischen Eingriff, in unnatürlich hohem Masse exprimiert wird. Somit konnten die Forscher zeigen, dass der Körper ein gewisses Maß an Antikörpern gegen PrPC toleriert – eine wichtige Grundlage für mögliche zukünftige angewandte Verfahren am lebenden Tier oder Mensch.
Die zweite wichtige Erkenntnis der Studie ist, dass die Anwesenheit der Antikörper gegen PrPC das Aufreten der Prionenerkrankung in der Maus verhinderte. Die krankmachenden Prionen wurden nicht im lymphatischen System nachgewiesen, in welchem sich die bösartigen Prionen (PrPSc) normalerweise zu einem frühen Zeitpunkt ansammeln. Auch das Gehirn, wo die Prionen ihre tödliche Wirkung verbreiten, war frei von Prionen. Der Mechanismus des Schutzes gegen die Prionenerkrankung ist allerdings noch nicht geklärt. Erste Experimente lassen erahnen, dass möglicherweise die Antikörper gegen PrPC das auf der Zelloberfläche liegende PrPC abdecken. Somit kann das abnormale Prionprotein PrPSc sich nicht mehr vermehren, da das zelleigene Protein PrPC, welches das Substrat zur Umwandlung in PrPSc darstellt, nicht mehr zur Verfügung steht.
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