News: Schwache Bindung - schwere Arbeit
Theoretisch mögen Heliumdimere leicht zu handhaben sein, doch in der Praxis sieht das ganz anders aus. Denn keine der herkömmlichen Untersuchungsmethoden, sei es Spektroskopie mit Mikrowellen, infrarotem oder sichtbarem Licht, Röntgenbeugung oder Elektronenstreuung, eignet sich für das instabile Molekül. Alle diese Verfahren übertragen nämlich so viel Energie auf das Dimer, dass es einfach zerspringt. Daher konnten Peter Toennies vom Max-Planck-Institut für Strömungsforschung in Göttingen und seine Mitarbeiter die Wissenschaftswelt erst im Jahr 1994 davon überzeugen, dass das exotische Molekül tatsächlich existiert, indem sie mittels eines ultrakalten Strahls aus Heliumatomen und -molekülen ein Beugungsmuster erzeugten. Doch ein entscheidender Parameter zur Bestimmung der Bindungsenergie fehlte weiter: Die Bindungslänge hatten die deutschen Forscher nicht ermitteln können. Zwei Jahre später schätzten Ron Gentry von der University of Minnesota und seine Mitarbeiter nach einem Experiment, in dem sie Helium fein siebten, diesen Wert auf 6,2 Nanometer – nach Ansicht von Experten eine obere Grenze.
In das Heliummolekül-Puzzle haben Toennies und seine Mitarbeiter nun das letzte Teilchen eingfügt: Sie haben die Bindungslänge des Moleküls experimentell bestimmt. Dazu schossen sie einen Strahl aus Heliumatomen mit einer Temperatur von 4,5 Kelvin auf ein Gitter. Während des Flugs kühlte sich der Strahl auf ein Millikelvin ab, wobei sich rund fünf Prozent des Heliums zu Molekülen verband. Passiert das Helium die 70 Nanometer schmalen Spalte des Gitters, erzeugen Moleküle und Atome charakteristische Beugungsmuster, anhand derer sie eindeutig zu unterscheiden sind. Daraus ergab sich eine Bindungslänge von 5,2 Nanometer – sehr nahe an der klassischen Schätzung von Gentrys Team. Eine einfache quantentheoretische Rechnung ergab eine Bindungsenergie von 9,5*10-8 Elektronenvolt (Physical Review Letters vom 11. September 2000, Abstract). "Es ist, als ob man eine Schieblehre an das Molekül anlegt", sagt Toennies.
"Das ist eine schöne, elegante und erfreuliche Bestätigung unserer Arbeit", kommentiert Gentry. Dick Manson von der Clemson University in South Carolina fügt hinzu, dass das Experiment frühere Schätzungen untermauert, die Rechnungen aus der klassischen Physik Korrekturen aus der Quantentheorie hinzufügten. Auch Silvera zeigt sich beeindruckt: "Die Gruppe von Toennies hat ein sehr schönes Experiment und eine sehr genaue Analyse durchgeführt. Es vervollständigt das Bild des Heliumdimers."
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