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Schwarze Löcher: Ein viel versprechender Kandidat für Dunkle Materie scheidet aus

Bislang galt eine bestimmte Art von Schwarzen Löchern als aussichtsreicher Kandidat für Dunkle Materie. Beobachten konnte man sie aber noch nicht – und eine neue Arbeit erklärt, warum.
Ein heller Balken vor einem sternenübersähten schwarzen Hintergrund. Der helle Balken ist von dunkleren Wolken umzogen.
Den größten Teil der Materie im Universum sehen wir nicht. Woraus die Dunkle Materie genau besteht, ist ein großes Rätsel.

Unser Universum ist zu leicht – zumindest, wenn man nur die sichtbare Materie betrachtet. Denn die Sterne in äußeren Spiralarmen von zahlreichen Galaxien bewegen sich viel zu schnell. Es ist, als befände sich im Inneren dieser Galaxien eine unsichtbare Masse, welche die schnellen Bewegungen hervorruft. Seit Jahrzehnten suchen Fachleute nach dieser Dunklen Materie – einem der letzten Bausteine, die für ein umfassendes Verständnis unseres Universums noch fehlen.

Einer der aussichtsreichsten Kandidaten für Dunkle Materie sind Schwarze Löcher, die wenige Momente nach dem Urknall entstanden sein könnten. Doch bislang konnten solche uralten Schwarzen Löcher nicht beobachtet werden. Und nun haben die beiden Physiker Jason Kristiano und Jun’ichi Yokoyama von der Universität Tokio möglicherweise herausgefunden, woran das liegt. Diese Art der Schwarzen Löcher, so schreiben die beiden Forscher in einer im Fachmagazin »Physical Review Letters« veröffentlichten Arbeit, sind offenbar viel seltener entstanden, als man bisher annahm. Ihre Anzahl ist den theoretischen Berechnungen zufolge so gering, dass sie nicht ausreichen, um allein als Dunkle Materie herzuhalten.

Spurensuche im ältesten Licht des Universums

Gemäß der Urknalltheorie entstand vor etwa 13,8 Milliarden Jahren unser gesamtes Universum – auch Raum und Zeit nahmen damals ihren Anfang. Was sich zu diesem Zeitpunkt genau abspielte, ist unklar. Die einzigen verfügbaren Hinweise stammen von dem Licht, das aus der Vergangenheit zu uns dringt. Doch die ältesten Lichtstrahlen entstanden etwa 300 000 Jahre nach dem Urknall. Denn erst zu diesem Zeitpunkt war die Materie nicht mehr so dicht zusammengepresst, wodurch sich Photonen erstmals frei bewegen konnten. Davor bestand das Universum aus einer unglaublich heißen und dichten Suppe aus Elementarteilchen.

Das älteste Licht wird als kosmische Hintergrundstrahlung bezeichnet. Erstaunlich dabei ist, wie gleichmäßig das Signal ist – die Schwankungen erkennt man erst, wenn man die Signale bis zur fünften Nachkommastelle miteinander vergleicht. Das zeugt davon, dass das frühe Universum sehr homogen war: Die Materie war 300 000 Jahre nach dem Urknall offenbar ziemlich gleichmäßig verteilt.

Hintergrundstrahlung | Die ESA-Raumsonde Planck hat von 2009 bis 2013 die kosmische Hintergrundstrahlung des gesamten Himmels mit der bisher besten Genauigkeit und Winkelauflösung vermessen. Spektrum und Intensität der Strahlung entsprechen an jedem Punkt des Himmels einer bestimmten Temperatur, hier farbig codiert. Der Temperaturbereich, der in der Abbildung von tiefblau bis tiefrot dargestellt ist, entspricht nur wenigen Millionsteln der Durchschnittstemperatur von rund 3 Kelvin.

Doch das muss nicht immer so gewesen sein: In den ersten Momenten nach dem Urknall, noch bevor eine Sekunde vergangen war, könnte es theoretischen Modellen zufolge heftige Dichteschwankungen gegeben haben. An manchen Stellen war demnach die Materie so konzentriert, dass sich primordiale Schwarze Löcher bildeten. Diese könnten noch heute existieren und wären nur sehr schwer zu detektieren, da sie nur über ihre Schwerkraft mit ihrer Umgebung wechselwirken und kein Licht aussenden. Das macht sie zu idealen Kandidaten für Dunkle Materie.

Doch dafür müssten sie in ausreichender Anzahl vorhanden sein. Denn Dunkle Materie macht Beobachtungen zufolge rund 27 Prozent des Universums aus – während gewöhnliche Materie bloß einen Anteil von etwa fünf Prozent hat (der Rest besteht aus Dunkler Energie). Bisher gelang es nicht, ein primordiales Schwarzes Loch direkt nachzuweisen, doch künftige Gravitationswellendetektoren wie LISA könnten das bald ändern.

Anteil der Materie im Weltall | Gewöhnliche Materie macht nur etwas mehr als fünf Prozent des Inhalts unseres Universums aus. Der größte Teil (rund 69 Prozent) scheint aus Dunkler Energie zu bestehen.

Um die Anzahl primordialer Schwarzer Löcher abzuschätzen, bleiben daher zunächst nur theoretische Berechnungen. Wie Fachleute herausfanden, könnte die Spanne sehr groß sein: Die Einschränkungen durch die kosmische Hintergrundstrahlung, die verlangt, dass das Universum 300 000 Jahre nach dem Urknall homogen war, ließ starke Dichteschwankungen wenige Augenblicke nach dem Urknall zu – und damit auch eine große Anzahl an primordialen Schwarzen Löchern.

Eine zu starke Näherung

Bei diesen Berechnungen wurden Modelle aus dem Bereich der Quantenfeldtheorie herangezogen. Dabei handelt es sich um eine physikalische Disziplin, die es erlaubt, das Verhalten von Materie im subatomaren Regime zu beschreiben. Und genau das ist nötig, um das Universum zu einer Zeit zu beschreiben, bei der Quarks, Gluonen und andere Elementarteilchen auf kleinstem Raum zusammengequetscht waren. Die Quantenfeldtheorie ist extrem gut überprüft, doch sie hat eine entscheidende Schwäche: Die Berechnungen sind so kompliziert, dass sich kaum ein Ergebnis exakt berechnen lässt. Man ist stets auf Näherungsverfahren angewiesen, die sich ebenfalls als sehr rechenintensiv herausstellen.

Bisher hatten Forschende für ihre Abschätzung der Anzahl von primordialen Schwarzen Löchern auf eine sehr grobe Näherung zurückgegriffen: Es war, als würde man die Sinusfunktion sin(x) durch eine Gerade x annähern (in einer kleinen Umgebung um die Null herum mag das zwar genügen, doch sobald man sich etwas von der Null entfernt, liegt man mit dieser Näherung deutlich daneben). Dass diese Vereinfachung zu stark sein könnte, hatten Kristiano und Yokoyama in früheren Arbeiten bereits befürchtet. Und nun konnten sie zeigen, dass ihr Verdacht begründet war.

Taylorreihe | Die einfachste Methode, sich einer komplizierten Funktion zu nähern, ist das Taylorverfahren, auf dem auch die in der Physik genutzte Störungstheorie basiert. Damit lassen sich Funktionen wie der Sinus (schwarz) nähern. Je mehr Terme man berücksichtigt (rot: einer, orange: zwei, gelb: drei und so weiter), desto besser bildet der Ansatz die gesamte Lösung ab.

Indem die beiden Physiker eine etwas bessere Näherung nutzten, konnten sie beweisen, dass die mögliche Anzahl der primordialen Schwarzen Löcher drastisch sinkt. Kristiano und Yokoyama bezogen dazu weitere Terme in die ursprüngliche Näherung mit ein: Es ist, als würde man sin(x) durch x − x3/3! approximieren (was bereits etwas bessere Ergebnisse liefert). Mit ihrem exakteren Modell konnten Kristiano und Yokoyama erkennen, dass zu starke Dichteschwankungen – die für eine große Anzahl an primordialen Schwarzen Löchern nötig wären – nicht mit der kosmischen Hintergrundstrahlung zusammenpasst, die wir heute beobachten. Damit folgern die zwei Physiker, dass es deutlich weniger primordiale Schwarze Löcher gibt als bislang vermutet.

Demnach ausgeschlossen kann die Dunkle Materie nicht bloß aus primordialen Schwarzen Löchern bestehen. Zwar können diese einen kleinen Anteil der fehlenden Materie erklären, aber eben nicht alles. Es muss noch eine andere bislang unbekannte Substanz geben, welche die Bewegungen der Galaxien erklärt. Das Rätsel um die Dunkle Materie wird die Welt der Physik also wohl noch eine Weile begleiten.

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  • Quellen

Kristiano, J., Yokoyama, J.: Constraining primordial black hole gormation from single-field inflation. Physical Review Letters 133, 2024

Kristiano, J., Yokoyama, J.: Perturbative region on non-Gaussian parameter space in single-field inflation. Journal of Cosmology and Astroparticle Physics 1475, 2022

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