Astronomie: Schwarzes Loch außer Rand und Band
Astronomen haben eine ungewöhnliche Entdeckung gemacht: In 7800 Lichtjahren Entfernung scheint ein Schwarzes Loch außer Rand und Band geraten zu sein. Anders als bei vergleichbaren Systemen zielt sein Materiestrahl nicht stets in dieselbe Richtung, sondern eiert laufend hin und her, ganz so wie ein außer Kontrolle geratener Gartenschlauch.
Ursache ist offenbar, dass die Drehachse des Schwarzen Lochs gegen die Rotationsebene der umgebenden Akkretionsscheibe gekippt ist: Dadurch taumelt der innere Teil der Scheibe umher wie ein Kreisel, berichtet das Team um James C. A. Miller-Jones von der australischen Curtin University in Perth in »Nature«.
Das kuriose Schauspiel findet im Sternsystem V404 Cygni statt. Seit 1989 ist bekannt, dass hier ein Schwarzes Loch nach und nach die Materie eines benachbarten Sterns aufsaugt. Der unsichtbare Masseklumpen bringt dabei etwa das Neunfache unserer Sonne auf die Waage – es handelt sich also um ein »stellares« Schwarzes Loch, das viel kleiner ist als das jüngst abgelichtete Monster im Zentrum der Galaxie M87.
Stellare Schwarze Löcher wie das im Sternsystem V404 Cygni gibt es millionenfach in unserer Milchstraße. Manche von ihnen sind von einer Scheibe aus Gas und Staub umgeben, die fast mit Lichtgeschwindigkeit um das Loch in der Raumzeit rotiert. Dabei werden immer wieder heiße Plasmafetzen ins All katapultiert – vermutlich, weil Magnetfelder das Material peitschenähnlich davonschleudern.
In den meisten Fällen entweichen diese »Jets« senkrecht zur Scheibe. Dass die Sache im System V404 Cygni anders abläuft, liegt wahrscheinlich an der Supernova, aus der das Schwarze Loch einst hervorging, schreiben die Wissenschaftler. Sie habe den Orbit des Partnersterns gekippt, der letztlich die Orientierung der Akkretionsscheibe vorgibt. Da das Schwarze Loch nun leicht versetzt rotiert und dabei die Raumzeit mit sich zerrt, taumeln die innersten paar tausend Kilometer der Scheibe wild umher. Die Folge sind die hin und her schlingernden Materiejets, welche die Forscher nun mit einem Verbund aus zehn US-amerikanischen Radioteleskopen ablichten konnten.
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