Kurioser Laborversuch: Schwarzes Loch in der Badewanne
Wer eine Vorstellung davon bekommen will, was ein Schwarzes Loch ist, muss zu Hause bloß Wasser in seine Badewanne einlassen. Wenn man den Stöpsel zieht, reißt es das Wasser hinab in den Abfluss, und in nächster Nähe kann die Flüssigkeit dem Strudel nicht mehr entkommen. So ähnlich geht es auch Licht im Umfeld eines Schwarzen Lochs, das dort wegen der enormen Raumzeitkrümmung gefangen bleibt.
Schwarzes Loch im Planschbecken – das klingt zunächst nach einem Scherz. Tatsächlich handelt es sich um eine seriöse Nischendisziplin der modernen Gravitationsphysik. Schon seit knapp vier Jahrzehnten tüfteln gestandene Wissenschaftler einfache Modellsysteme aus, mit denen sie etwas über das Wesen der Schwerkraft in extremen Umgebungen lernen wollen.
Wie die Raumzeit nach einem Crash
Als Startpunkt gilt ein Aufsatz des kanadischen Physikers William Unruh von der University of British Columbia aus dem Jahr 1981. Er zeigte damals, dass sich Wellen in rasant beschleunigtem Wasser mit ähnlichen Formeln beschreiben lassen wie Quantenfelder im Sog eines Schwarzen Lochs.
Warum also nicht auf der Erde Experimente entwerfen, mit denen sich die schwer erreichbaren Materiemonster im fernen Weltall besser verstehen lassen? Seit Unruhs Tagen wollen Wissenschaftler auf diese Weise gleich mehrere Labor-Analoga für Schwarze-Loch-Phänomene aufgespürt haben, von der berühmten Hawking-Strahlung bis hin zur Verstärkung einlaufender Wellen durch ein schnell rotierendes Schwarzes Loch, der so genannten Superradiance.
Nun meldet ein Team um Sam Patrick von der University of Nottingham einen weiteren Erfolg: Mit einem Badewannenexperiment könne man auch durchspielen, wie die Raumzeit nach dem Zusammenstoß zweier Schwarzer Löcher ausschwingt, berichten die Forscher im Fachmagazin »Physical Review Letters«.
Konkret untersuchten die Physiker mit aufwändigen Rechnungen und Computersimulationen, wie das strömende Wasser nahe eines Abflusses auf Störungen reagieren würde. In der Beckensimulation riefen Störungen des Wasserflusses in Strudelnähe charakteristische Wellen hervor, so genannte quasinormale Schwingungsmoden, berichtet das Team.
Diese treten auch in Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie auf, wenn man beschreiben will, wie ein rotierendes Schwarzes Loch nach dem Verschmelzen kleinerer Exemplare hin und her wabert. In Zukunft könnte es Physikern gelingen, diese besonderen Schwingungen in Form von Gravitationswellen nachzuweisen. Bis dahin haben die Laborforscher ein vergleichbares Signal vielleicht schon in einem Wasserbecken beobachtet. Wie genau sie dabei vorgehen müssten, schildern Sam Patrick und seine Kollegen in ihrem Fachaufsatz.
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