Schwarze Löcher: Stern von Schwarzem Loch zerrissen
Im Durchschnitt kommt es alle 10 000 Jahre vor, dass sich in einer Galaxie ein Stern zu nah an das zentrale extrem massereiche Schwarze Loch heranwagt. Dann gerät er in die Fänge des Schwerkraftmonsters, und die Gezeitenkräfte des Lochs dehnen und stauchen den Stern. Bei weiterer Annäherung überschreiten sie die Kräfte, die den Stern zusammenhalten, und dieser zerreißt. Die Trümmerteile werden zum Teil vom Schwarzen Loch verschluckt. Diese Fütterung – ein so genannter Akkretionsburst – sorgt für ein zeitweises Aufleuchten der Umgebung des Schwarzen Lochs.
Astronomen von der Ohio State University haben nun einem solchen »Gezeitenzerriss« beigewohnt. Das Team um den Erstautor Thomas Holoien von der Carnegie Institution for Science in Pasadena berichtet darüber im »Astrophysical Journal«. Die Ohio State University betreut ein weltweites Netzwerk, das aus robotischen Teleskopen besteht, die also vollautomatisch den Himmel überwachen. Dieser »All-Sky Automated Survey for Supernovae«, kurz ASAS-SN, dient vor allem dem Aufspüren von Sternexplosionen.
Manchmal gehen auch andere Helligkeitsausbrüche ins Netz, wie der nun am 29. Januar 2019 registrierte Gezeitenzerriss. Das besonders helle Ereignis erhielt den Katalognamen ASASSN-19bt und ereignete sich in der Galaxie mit dem Namen 2MASX J07001137–6602251, die 375 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt ist und sich im südlichen Sternbild »Fliegender Fisch« befindet. Das extrem massereiche Schwarze Loch im Zentrum dieser Galaxie hat rund sechs Millionen Sonnenmassen und ist damit um den Faktor 1,5 massereicher als dasjenige inmitten unseres Milchstraßensystems.
Die Astronomen aus Ohio bemerkten, dass der letzte Schrei des berstenden Sterns aus einer Himmelsregion stammt, in die ständig das NASA-Weltraumteleskop TESS (Transiting Exoplanet Survey Satellite) schaut. Es dient eigentlich der Suche nach Exoplaneten. TESS, das im Juli 2018 gestartet wurde, sah erstmalig ein Ereignis dieser Art. Mit dem Weltraumteleskop wurde der Ausbruch in einer sehr frühen Phase verfolgt. Die Helligkeit des Ereignisses ASASSN-19bt stieg allmählich an. Das geschieht in einer so charakteristischen Weise, dass die Forscher es eindeutig einem Gezeitenzerriss zuordnen konnten. Eine andere Form von Helligkeitsausbruch schließen sie aus.
Der zerfetzte Stern muss demnach etwa die Masse der Sonne gehabt haben. Messdaten lieferte derweil auch das Swift-Teleskop der NASA, es hat energiereiche Ultraviolettstrahlung des Ereignisses aufzeichnet. Sie spricht dafür, dass die Temperatur innerhalb weniger Tage von 40 000 auf 20 000 Grad Celsius abfiel. Den Astronomen ist es ein Rätsel, weshalb die Röntgenemission des Gezeitenzerrisses zu schwach ausfiel. Es bleiben also noch einige Mysterien um geschredderte Sterne aufzuklären.
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