Aktive Galaxien: Schwarzes Loch zerreißt Stern und bildet Materiescheibe aus
Im März 2011 entdeckten Astronomen mit dem Satelliten Swift einen außergewöhnlichen Energieausbruch in einer fernen und bis dahin unauffälligen Galaxie. Auslöser war vermutlich ein Stern, der durch starke Gezeitenkräfte nahe dem extrem massereichen Schwarzen Loch im Zentrum zerrissen wurde. Daraufhin leuchteten seine Trümmer hell auf, spekulierte man damals. Nun unterstützen Rubens Reis von der University of Michigan in Ann Arbor und seinen Kollegen dieses Szenario mit Folgebeobachtungen: Sie deuten auf eine Gas- und Staubscheibe um den Schwerkraftgiganten hin, die wahrscheinlich aus den Überresten des Gestirns hervorging.
Mit den beiden Röntgensatelliten XMM-Newton und Suzaku beobachteten Reis und sein Team die rund vier Milliarden Lichtjahre von uns entfernte Galaxie in den Monaten nach dem Helligkeitsausbruch. Anhand der Daten verfolgten sie, wie sich die Leuchtkraft der als J1644+57 bezeichneten Strahlungsquelle mit der Zeit veränderte. Bei der Analyse dieser Lichtkurven identifizierten sie sich zeitlich wiederholende Muster, so genannte quasiperiodische Oszillationen. Auch wenn deren Ursache noch nicht eindeutig geklärt ist, gelten diese als starkes Indiz für eine Akkretionsscheibe um ein Schwarzes Loch. Da die Astronomen um Reis die Signaturen bereits zehn Tage nach dem Helligkeitsausbruch nachweisen konnten, muss sich die Materiescheibe schnell nach dem Zerbersten des Sterns gebildet haben.
Anhand der Frequenz der aufgespürten Oszillationen schätzten die Forscher auch die Masse des zentralen Schwarzen Lochs ab. Dabei gingen sie davon aus, dass sich die Sterntrümmer auf dem engsten stabilen Orbit befinden, nahe dem Ereignishorizont – ab dieser Grenze entkommt nicht einmal mehr Licht der Schwerkraftfalle. In diesem Fall sollte das Schwarze Loch rund fünf Millionen Sonnenmassen in sich vereinen, falls es rotiert; andernfalls 450 000 Sonnenmassen. Diese Werte stimmen tatsächlich mit früheren Vorhersagen überein, so die Autoren, die auf Beobachtungen im Röntgen- und Radiobereich basieren.
In den vergangenen Jahren konnten Astronomen bereits öfter beobachten, dass Sterne durch Gezeitenkräfte zunächst verformt und dann zerstört werden, wenn sie einem extrem massereichen Schwarzen Loch zu nahe kommen. Die dabei freigesetzte Materie stürzt wegen ihres Drehimpulses nicht direkt in das Schwarze Loch, sondern bildet eine Gas- und Staubscheibe darum. Hierin nähert sich die Materie dem Zentrum auf Spiralbahnen an. In solchen Akkretionsscheiben heizen sich die Sterntrümmer auf und beginnen hell zu leuchten, unter anderem im Röntgenbereich.
Mithilfe von quasiperiodischen Oszillationen, wie man sie nun entdeckte, könnte die Physik solcher Akkretionsströme erforscht und womöglich die allgemeine Relativitätstheorie außerhalb des lokalen Universums getestet werden, meinen Reis und sein Team. Wegen der noch unausgereiften Theorien über solche Akkretionsströme sei allerdings noch unklar, inwieweit sich auch die Eigenschaften eines Schwarzen Loches – also etwa die Masse :- zuverlässig daraus ableiten lassen.
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