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News: Schwere Photonen

Einige Physiker nahmen bereits an, dass der Ursprung jener schwachen Magnetfelder, von denen unser Universum durchzogen ist, in der einstigen Masse heute masseloser Lichtquanten begründet liegt. Nun konnten sie zeigen, dass massebehaftete Photonen tatsächlich existiert haben könnten.
Laut Spezieller Relativitätstheorie ist die Ruhemasse von Photonen, den Lichtteilchen, null, da sie sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen – eine Forderung, mit der die meisten Wissenschaftler vermutlich gut leben können. Nicht so Kosmologen, die sich über mysteriöse Magnetfelder wundern, die – wenn auch schwach – den gesamten Kosmos durchziehen. Und so kam irgendwann die Idee auf, dass vielleicht Photonen doch eine Masse haben, oder besser: hatten. In den frühen Sekundenbruchteilen des Universums, als sich der Raum noch unvorstellbar schnell ausdehnte (Inflation), sollen sie den Grundstein für die heute messbaren Magnetfelder gelegt haben.

Auch Tomislav Prokopec von der Universität Heidelberg, Ola Törnkvist vom Imperial College in London und Richard Woodard von der University of Florida konnten sich für diese Idee erwärmen und zeigten nun tatsächlich, dass das Photon einmal eine Masse besessen haben könnte. Denn gemäß der Quantenfeldtheorie, die zur Beschreibung von Elementarteilchen dient, besitzt jedes Teilchen ein Feld, das sich im Raum ausdehnt. Während der Inflation soll es diese Felder zum Teil ordentlich auseinander gezogen haben, wobei viele Teilchen – so auch die Photonen – zumindest direkt gar nichts von dem Zug gespürt haben sollen.

Einige Teilchen, wie die so genannten virtuellen light charged scalars, die im Vakuum spontan entstehen und wieder vergehen, hätten das aber sehr wohl mitbekommen, sodass in der Folge der Expansion virtuelle Skalare voneinander getrennt worden wären, bevor sie sich gegenseitig auslöschen konnten – Teilchen aus dem Nichts sozusagen. Oder wie Physiker sagen: Das Vakuum wurde polarisiert.

Und wenn auch die Photonen von der Inflation verschont blieben, so würden sie wenigstens von dieser Vakuumpolarisation beeinflusst. Denn es würde schlichtweg mehr Energie kosten, ein Photon inmitten eines Sees aus Skalaren entstehen zu lassen als im reinen Vakuum. Anders ausgedrückt: Photonen hätten nur eine beschränkte Reichweite in all den umherschwirrenden Skalaren. Sie spüren einen Widerstand, der sich als Masse auffassen lässt. Heute merken Photonen von diesem Widerstand zwar nichts mehr, aber ein ähnlicher Mechanismus könnte erklären, warum es so etwas wie Masse überhaupt gibt: So sagt das Standardmodell der Elementarteilchen so genannte Higgs-Bosonen voraus – Teilchen, die alles umgeben und so der Materie Masse verleihen. "Es ist wie die Bewegung durch Wasser", erklärt Prokopec.

Als nun die Inflation endete und die Photonen ihre Masse verloren, ist ein Teil der Energie in Form des allgegenwärtigen Magnetfelds übrig geblieben – so zumindest die Anschauung. Woodard war es schließlich, der all den nebulösen Modellen etwas mathematische Substanz verlieh und die Vakuumpolarisation berechnete. Die Rechnungen haben jedoch einen Schönheitsfehler: Denn demnach müsste die Masse der Skalare sehr klein gewesen sein, wohingegen die hypothetischen Teilchen, die einst die Inflation antrieben, vergleichsweise schwer gewesen sein müssen – ein Unterschied, der nicht so richtig zusammenpasst.

Nichtsdestotrotz zeigen sich Prokopec und seine Kollegen zufrieden, und auch von anderer Seite kommt Zuspruch. Gleichzeitig gibt jedoch Tanmay Vachaspati von der Case Western Reserve University in Cleveland zu bedenken, dass es auch nicht-inflationäre Modelle gibt, die den Grundstein für die heute messbaren Felder liefern könnten.

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