Erde: Schwerefeld der Erde exakt ausgemessen
Vor zwei Jahren schickte die europäische Weltraumbehörde ESA den Satelliten GOCE (Gravity Field and Steady-State Ocean Circulation Explorer) in eine Umlaufbahn um die Erde. In einer Höhe von nur gerade 260 Kilometern über der Erdoberfläche vermisst der Satellit das Schwerefeld der Erde und die stationäre Zirkulation der Ozeane. Die extrem niedrige Umlaufbahn gewährleistet, dass GOCE genügend starke Schwerkraftsignale empfängt, denn die Wirkung der Gravitation nimmt mit zunehmender Höhe ab. Seit seinem Start hat der Erdsatellit bereits mehr als zwölf Monate lang Daten über das Schwerefeld gesammelt.
Nun stehen den Wissenschaftlern genügend Daten zur Verfügung, um das Schwerefeld der Erde mit bisher unerreichter Genauigkeit zu kartieren. Es entstand ein Modell des Geoids, das präziser ist denn je und zu einem besseren Verständnis der Funktionsweise der Erde beitragen soll. Das Geoid repräsentiert die imaginäre Oberfläche eines globalen Ozeans, dessen Form allein aus der Schwerkraft resultiert. Zwei beliebige Punkte auf dem Geoid liegen stets auf dem gleichen Schwerepotenzial.
Die Messungen von GOCE mit seinem Gradiometer, das aus sechs hochsensiblen dreidimensional angeordneten Beschleunigungsmessern besteht, liefern Informationen über die Meeresströmungen, Meeresspiegeländerungen und Eisbewegungen – Phänomene, die alle vom Klimawandel beeinflusst sind. Auch über die inneren Strukturen der Erde erhoffen sich die Wissenschaftler Aufschluss. Die von GOCE gesendeten Daten könnten helfen, die Entstehung von Erdbeben, wie jenes das jüngst Japan heimsuchte und dessen Folgen die ganze Welt erschütterten, besser zu verstehen. Das Erdbeben in Japan entstand, als sich tektonische Platten unter dem Meeresboden verschoben, und ließ sich daher aus der Umlaufbahn nicht beobachten. Aber in den Messungen des Schwerefelds hinterlassen Erdbeben deutliche Spuren.
Mit den kontinuierlich von GOCE zur Erde gefunkten Gradiometerdaten lässt sich das neu modellierte Geoid in einem Zyklus von zwei Monaten stetig verbessern. Der Satellit führt noch so viel Treibstoff mit, dass er bis Ende 2012 das Schwerefeld der Erde weiter vermessen kann.
Rahel Heule
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