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News: Schweres akutes respiratorisches Syndrom (SARS)

Seit Mitte Februar hält eine untypische Form von Lungenentzündung die Welt in Atem. Aus Asien kommend, ist sie inzwischen weltweit verbreitet. Als Erreger des "schweren akuten respiratorischen Syndroms" (SARS) gilt nun offiziell ein bisher unbekanntes Coronavirus.
Coronavirus
Schnell auftretendes hohes Fieber, Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, rauer Hals, Husten, Atemnot, so lauten die üblichen Symptome des schweren akuten respiratorischen Syndroms (SARS), das auch als schweres akutes Atemnotsyndrom bezeichnet wird. Einige Patienten entwickeln in der Folge eine schwere beidseitige Lungenentzündung und so gravierende Atemprobleme, dass sie künstlich beatmet werden müssen. Am 15. April hatte sich die Gesamtzahl der Fälle nach Angaben der WHO auf 3235 in 24 Ländern erhöht, für 154 Menschen endete die Infektion bisher tödlich, etwa die Hälfte der Patienten hat sich inzwischen erholt.

Am schwersten betroffen ist immer noch die chinesische Provinz Guangdong mit 1418 Fällen und 64 Toten: Hier vermutet die Weltgesundheitsorganisation den Ursprung der Krankheit, da hier Erkrankte der untypischen Lungenentzündung seit November 2002 bekannt sind. An zweiter Stelle folgt Hongkong, das bisher 1232 Fälle und 56 Todesfälle meldete. Auch der Entdecker der Seuche, der italienische Arzt und WHO-Experte für übertragbare Krankheiten Carlos Urbani, wurde selbst Opfer von SARS. Er hatte als erster den Ausbruch der Krankheit bei einem amerikanischen Geschäftsmann in Hanoi diagnostiziert.

Wer ist der Erreger?

Zunächst identifizierten die Wissenschaftler des SARS-Netzwerks der WHO weltweit zwei mögliche Kandidaten als Erreger: Forscher in Hongkong und Deutschland berichteten, es handele sich um Paramyxoviren, zu denen auch die Erreger von Mumps, Masern und Hundestaupe zählen. Kanadische Forscher engten diesen Befund am 21. März auf das so genannte Metapneumovirus ein, das sie in Gewebeproben von Patienten isoliert hatten.

Nur wenige Tage später jedoch verkündeten wiederum Wissenschaftler und Hongkong, sie hätten ein bisher unbekanntes Virus aus der Familie der Coronaviridae als Auslöser der Krankheit identifiziert. Diese Gruppe ist beim Menschen für etwa ein Drittel der normalen Erkältungen verantwortlich, löst bei Tieren aber wesentlich schwerere Erkrankungen aus. Diese Annahme wird nun von weiteren Befunden der Centers for Disease Control and Prevention in Atlanta, des Bernhard-Nocht-Instituts in Hamburg und der Universitätskliniken in Frankfurt unterstützt, die in den Proben ihrer Patienten charakteristische Genabschnitte von Coronaviren aufspüren konnten. Außerdem lösten aus den Patienten isolierte und in Zellkultur vermehrte Viren eine Antikörper-Reaktion in Blutproben der Betroffenen aus – ein eindeutiger Hinweis, dass diese neuen Virenvertreter infektiös sein können.

Inzwischen ist sicher, dass dieses neue Coronavirus als Erreger von SARS zu betrachten ist, da es alle vier Koch'schen Postulate, die ein Krankheitserreger erfüllen muss, bestätigt: Der Keim ist in allen Krankheitsfällen nachgewiesen, er wurde isoliert und kultiviert – und er löst die Krankheit auch in Experimenten mit Tieren aus und wird in den betroffenen Versuchstieren nachgewiesen, wie nun Forscher der Erasmus University Rotterdam berichteten. So gab die WHO heute das betreffende Coronavirus, benannt als SARS-Virus, offiziell als Erreger bekannt.

Coronaviren werden durch Tröpfcheninfektion übertragen und sind bei Tieren und Menschen weit verbreitet – etwa 90 Prozent aller Fünfjährigen kamen bereits mit ihnen in Kontakt. Sie rufen allerdings keine lang anhaltende Immunität hervor: Betroffene können sich also mehrmals infizieren. Die Erreger sind nur schwer nachzuweisen, da sie sich kaum in Zellkulturen vermehren lassen und so über elektronenmikroskopische oder molekularbiologische Verfahren aufgespürt werden müssen. Ein von der Biotechnologiefirma Artus und dem Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg entwickelter Test weist die Erreger jedoch inzwischen innerhalb von zwei Stunden mithilfe der Polymerase-Kettenreaktion zuverlässig in Mund- und Rachenabstrich, Speichel oder Stuhlproben nach. Die Wissenschaftler verteilten die Tests kostenlos an zahlreiche Labors weltweit.

In wenigen Tagen um die Welt

Seit Mitte Februar ging die WHO Berichten aus Vietnam, Hongkong und China nach, die von einem Ausbruch dieser schweren Form von Lungenentzündung berichteten. Die Regierung von China meldete im Februar 305 Fälle untypischer Lungenentzündung, von denen fünf tödlich geendet hatten. Insgesamt ist besonders Pflegepersonal gefährdet, doch sind inzwischen auch in Schulen erste Fälle aufgetreten. In Hongkong wurden daher vorsichtshalber etliche Schulen geschlossen und Gesichtsmasken verteilt. Ein Wohnblock, in dem eine besondere Häufung von SARS-Fällen auftrat, wurde von Grund auf desinfiziert und die Bewohner für mehrere Tage unter Quarantäne gestellt. Auch in Singapur wurde für mehrere hundert Personen Quarantäne ausgesprochen.

Die Erkrankung hatte sich sehr schnell weltweit ausgebreitet. Der erste Fall in Deutschland trat am 15. März auf, als ein Arzt aus Singapur, der nach einem Flug aus den Vereinigten Staaten in Frankfurt landete, mit entsprechenden Symptomen ins Krankenhaus gebracht werden musste, und auch seine Frau und eine weitere Ärztin wurden eingewiesen. Die übrigen über 150 Passagiere des Fluges wurden vorübergehend in Quarantäne genommen. Der erkrankte Arzt hatte in Singapur vor seinem Flug einen an SARS erkrankten Mann behandelt und sich dabei offensichtlich selbst angesteckt.

Gro Harlem Brundtland, Generaldirektorin der WHO, erklärte SARS Mitte März zu einer ernsten weltweiten Bedrohung. Die WHO empfiehlt Reisenden: Sobald jemand die entsprechenden Symptome wie hohes Fieber und Anzeichen von Husten oder ähnlichen Zeichen für Atemwegserkrankungen zeige und zudem in letzter Zeit Kontakt zu einem Patienten mit SARS gehabt habe oder in einem Gebiet unterwegs war, in dem SARS-Fälle auftraten, sollte er dringend einen Arzt oder ein Krankenhaus aufsuchen. Außerdem gelten bisher Reisewarnungen für Hongkong, verschiedene Provinzen Chinas und Toronto.

Das Robert Koch-Institut hat unter 01888-754-3536 (9 bis 17 Uhr) eine Telefonhotline eingerichtet.

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