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Paläontologie: Schwerter zu Pflugscharen

Viele der "schrecklichen Echsen" genießen den wenig schmeichelhaften Ruf als mordlüsterne Killermaschinen. Doch im Laufe der Evolution begannen manche Dinosaurier, die fleischliche Kost zu verschmähen und sich zu friedliebenden Vegetariern zu entwickeln.
<i>Falcarius utahensis</i>
Michael Crichton machte sie berühmt: die kleinen, aber feinen Velociraptoren, die als gewiefte Jäger gnadenlos ihren Opfern nachstellen. Inwieweit die Charakteristika der Romanhelden aus "Jurassic Park" der Realität aus der Kreidezeit entspricht, sei dahingestellt. Dass es aber für ein Beutetier, das in die Fänge eines Velociraptors geriet, wenig zu lachen gab, darf vermutet werden.

Sichelkrallen von Falcarius utahensis | Typisch für Maniraptoren, wozu auch Falcarius utahensis gehört, sind die sichelförmigen Krallen.
Neben ihren messerscharfen Zähnen dürften sich insbesondere ihre sichelförmigen Krallen als tödliche Waffen bewährt haben. Dieses Werkzeug hat sich als typisches Merkmal einer Gruppe von kleinwüchsigen, aufrecht laufenden Dinosauriern etabliert: den Maniraptoren. Interessant ist diese Gruppe vor allem wegen ihrer vermuteten Verwandtschaft zu den Vögeln. So konnten tatsächlich bei manchen Maniraptoren bereits federähnliche Gebilde nachgewiesen werden.

Doch nicht alle Maniraptoren schlugen sich als mordlüsterne Fleischfresser durchs Leben. Im Laufe der Evolution enstanden auch Arten, die ein friedliebendes Vegetarierdasein bevorzugten – wie beispielsweise die Gruppe der Therizinosaurier, aus denen sich riesige Pflanzenfresser entwickelten. Wie der Weg dieser evolutionären Abrüstung aussah, blieb jedoch bisher ein Geheimnis.

Skelett von Falcarius utahensis | Der Paläontologe James Kirkland präsentiert sich neben dem Skelett der neuen Dinosaurier-Art Falcarius utahensis.
Doch jetzt präsentieren amerikanische Paläontologen einen Fund, der sich als das noch fehlende Bindeglied zwischen Fleisch- und Pflanzenfresser erweisen könnte: In der Cedar-Mountain-Formation im US-Bundesstaat Utah konnten nach dreijähriger Arbeit fast 1700 Knochen geborgen werden, aus denen James Kirkland vom Utah Geological Survey und seine Kollegen eine bisher unbekannte Dinosaurier-Art zusammenbastelten.

Gebiss von Falcarius utahensis | Das Gebiss von Falcarius utahensis weist mit seinen blattförmigen Zähnen auf bevorzugte Pflanzenkost hin.
Falcarius utahensis, der "Sichelmacher aus Utah", wie die Forscher den Neuen tauften, schien sich bei seiner Kost nicht so recht festlegen zu wollen, als er vor etwa 125 Millionen Jahren durch die Lande streifte. Wie seine Verwandten besaß der etwa vier Meter lange und einen Meter hohe Dinosaurier die typischen sichelförmigen Krallen. Sein Gebiss verzichtete jedoch weit gehend auf die für Fleischkonsum unentbehrlichen Reißzähne und setzte vielmehr auf breite Mahlzähne, die für pflanzliche Kost geeigneter waren. Mit seinen kürzeren Beinen blieb sein Jagdglück wohl eher bescheiden; dafür half ihm sein längerer Hals, auch hoch wachsende botanische Kostbarkeiten zu erreichen. Auch sein breites Becken weist auf einen für Vegetarier typischen längeren Darm hin.

Rekonstruktion von Falcarius utahensis | Rekonstruktion des Skeletts von Falcarius utahensis
"Mit Falcarius haben wir den tatsächlichen fossilen Nachweis für einen Wechsel der Ernährungsweise", ist Mitautor Scott Sampson von der Universität von Utah überzeugt. "Dieses kleine Biest ist das Missinglink zwischen kleinen räuberischen Dinosauriern und den bizarren, hoch spezialisierten Pflanzen fressenden Therizinosauriern."

Dabei wäre Falcarius beinahe für die Wissenschaft verborgen geblieben, hat die Knochen doch ein Hobby-Paläontologe entdeckt, der den kostbaren Fund auf dem Schwarzmarkt in bare Münze verwandeln wollte. Der inzwischen wegen Fossiliendiebstahl verurteilte Lawrence Walker bewies jedoch Reue und zeigte den Wissenschaftlern die Fundstätte.

"Illegaler Fossilienhandel hat sich zu einem weltweiten Problem entwickelt", betont Sampson. "Zahlreiche äußerst wichtige Exemplare, von denen etliche für die Wissenschaft vollkommen neue Arten repräsentieren, verschwinden in privaten Sammlungen. Diese verheerende Entwicklung beraubt nicht nur die Wissenschaftler, sondern auch die Öffentlichkeit – gehören doch diese Fossilien allen."

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