Meeressäuger: Schwertwal spricht Englisch
Schwertwale gelten als äußerst intelligente Meeressäuger mit einem vielschichtigen Sozialverhalten und einem großen Repertoire an Lautäußerungen, mit denen sie sich unterhalten. Doch das Weibchen Wikie aus dem Marineland im südfranzösischen Antibes übertrifft wahrscheinlich alle ihre Artgenossen: Aus ihrem Becken klingt immer wieder ein "Hello", "Bye-bye!" oder "One, two, three" sowie "Amy" – der Name ihrer Trainerin, die ihr die Wörter beigebracht hat. Wikie ist ziemlich sicher der erste Wal, der wissenschaftlich belegt Wörter der menschlichen Sprache bilden kann. Das schreiben José Abramson von der Pontificia Universidad Católica de Chile in Santiago und sein Team in den "Proceedings of the Royal Society B".
Wikie spricht die Wörter demnach nicht ganz so perfekt wie etwa Graupapageien aus, aber sie seien deutlich vernehmbar und verständlich, so die Forscher. Dabei unterscheide sich der Stimmapparat der Wale signifikant von dem der Menschen, was die Lautbildung erschwere. Das zeigt sich auch bei den einzelnen Wörtern, welche die Walkuh imitieren kann. Während "Hello" ziemlich tief und kehlig erklingt, kommt "Amy" im Flüsterton daher. Die größten Schwierigkeiten bereiten ihr aber die Zahlwörter. Dass das Tier die Wörter aussprechen könne, heiße jedoch nicht, dass es sie auch in ihrer Bedeutung versteht, schränken Abramson und Co allerdings ein.
Das Tier wurde zudem nicht zufällig ausgewählt, sondern hat schon vorher mit Imitationen und großem Lernwillen auf sich aufmerksam gemacht. Es ahmte seine Trainerin nach und erwarb mühelos einen neuen "Dialekt" – Pfeif- und Quietschtöne, mit denen verschiedene Schwertwalpopulationen untereinander kommunizieren, die sich aber regional deutlich unterscheiden. Manche Wörter oder Töne lernte Wikie dabei auf Anhieb, manche nach mehreren Anläufen, sie benötigte jedoch nie mehr als zehn Versuche, bis es ihr gelang. Das bestätigt die Hypothese vieler Schwertwalforscher, dass die Dialekte innerhalb verschiedener Walpopulationen nicht genetisch festgelegt sind, sondern gelernt werden: Kälber ahmen ihre Verwandten nach.
2012 wurde bereits der Fall des Weißwals NOC bekannt, der ebenfalls die Stimme seines Trainers imitieren konnte. Die Fähigkeit dazu habe das Tier schon früh ohne gezieltes Training entwickelt, erklärte damals das Team um den Biologen Sam Ridgway. Auf sein Talent seien sie erstmals im Jahr 1984 aufmerksam geworden, als einer der Taucher verdutzt an die Oberfläche zurückkehrte und fragte, wer ihm das Kommando "out" zum Auftauchen gegeben hatte – was tatsächlich vom Wal kam. Nachfolgende Aufzeichnungen bestätigten das Stimmtalent von NOC, der jedoch fünf Jahre vor der Publikation gestorben war. Der Schwertwal "spricht" allerdings deutlicher als sein entfernter Verwandter.
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