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Seeigel: Ursache für mysteriöses Massensterben gefunden

In der Karibik starben in den letzten Jahrzehnten Millionen Seeigel. Lange war unbekannt, was die Verluste auslöste. Nun scheint der Verursacher identifiziert zu sein.
Seeigel in der Karibik
Verglichen mit den frühen 1980er Jahren leben deutlich weniger Seeigel in der Karibik: Sie starben durch eine Krankheit.

Es begann 1983: Plötzlich begannen Diadem-Seeigel (Diadema antillarum) in der Karibik massenhaft zu sterben. Sie verloren ihre Stacheln, siechten dahin, und ein Jahr später waren 98 Prozent des ursprünglich Millionen zählenden Bestands verschwunden. Nur langsam erholte sich die Art von diesem Verlust, als 2022 erneut 95 Prozent aller Individuen ausgelöscht wurden. Ein Team um Ian Hewson von der Cornell University in New York hat jetzt womöglich den – unerwarteten – Auslöser der Seuche gefunden, wie es in »Science Advances« berichtet: winzige, parasitär lebende Wimperntierchen.

Die Gruppe hatte gesunde und tote Seeigel von 23 verschiedenen Standorten der Karibik eingesammelt und im Labor auf Krankheitserreger untersucht. Außerdem hatte sie Gewebeproben entnommen, die von einem zweiten Team auf die genetischen Spuren typischer pathogener Viren und Bakterien analysiert wurden. Da der Erfolg ausblieb, erweiterte die Arbeitsgruppe die Suche auf Pilz- und Parasitenspuren und wurde schließlich fündig.

Im Gewebe kranker Seeigel tauchten massenhaft Hinweise auf die Wimperntierchenart Philaster apodigitiformis auf. Bei gesunden Seeigeln fehlten sie hingegen. Als Hewson und Co diese Mikroorganismen in Aquarien mit gesunden Seeigeln gaben, spielte sich dort das gleiche Drama wie im Meer ab: Innerhalb weniger Tage waren etwa zwei Drittel der Tiere infiziert, verloren ihre Stacheln und siechten dahin. Für die Forscher ausreichend Belege, um die Wimperntierchen als Ursache des Massensterbens zu identifizieren.

Der Fund kommt etwas überraschend: Zwar sind Wimperntierchen bekannt, die Haie als Parasiten infizieren. Bei Seeigeln konnte man dies bislang aber nicht beobachten. Prinzipiell gelten die Mikroorganismen als Abfallverwerter, die abgestorbenes organisches Material konsumieren, oder als Nutzer von Bakterienrasen, die sie abweiden. Unklar ist, ob es sich bei dem Befall um eine zyklische Katastrophe handelt, die regelmäßig auftritt, oder um die Folgen veränderter Umweltbedingungen. Die Wimperntierchen könnten neu eingeschleppt worden sein oder von Faktoren profitieren, die vor 1980 keine oder eine kleinere Rolle gespielt haben, etwa erhöhte Nährstoffmengen oder wärmeres Wasser.

Vermehrt kam es in den letzten Jahren zu Massensterben verschiedener Lebewesen in Meeren weltweit. Ebenfalls in der Karibik und vor Florida sorgt eine neuartige Korallenkrankheit für den Verlust wichtiger Riffbildner. Und im Pazifik vor der amerikanischen Westküste verendeten Millionen Seesterne durch eine Kombination aus Überdüngung und verschiedenen Pathogenen.

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