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Verhaltensforschung: Seekühe hören und überhören Motorboote

Seekühe
Seekühe leben ein eher kontemplatives Leben, und das macht sie anfällig für Kollateralschäden der Zivilisation: Sie werden häufig von Motorbooten schwer verletzt, die mit ihnen zusammenstoßen oder sie überfahren – tiefe Schnittwunden oder Knochenbrüche führen dann häufig zum Tode der wasserlebenden Säugetiere. Nach den neuesten Erkenntnissen von Joe Gaspard vom Mote Marine Laboratory and Aquarium in Sarasota liegen die fatalen Kollisionen jedoch nicht im schlechten Gehör der Tiere begründet, wie bislang vermutet: Tatsächlich reicht das Hörvermögen der Manatis (Trichechus manatus) eigentlich völlig aus, um nahende Motorboote rechtzeitig wahrzunehmen.
Seekühe | Fast grazil bewegen sich Seekühe durchs Wasser. Meist schwimmen sie allerdings eher langsam: Schwere Unfälle mit Booten sind häufige Folgen.

Getestet hat dies Gaspard zusammen mit seinem Team an den beiden Seekühen Buffet und Hugh: den beiden einzigen ihrer Art weltweit, die extra für Verhaltensstudien trainiert wurden. Nach langer Vorarbeit hatten die Biologen ihre beiden Schützlinge soweit, dass diese zu einer in einem Meter Wassertiefe gelegenen Lautsprecheranlage tauchen und dort auf ihre Aufgabe warten: Wenn ein Geräusch ertönt, sollten sie ein gelbes Pedal drücken, wofür sie dann eine Belohnung in Form von Obst oder Gemüse bekamen. Blieb es stumm, sollten sie einfach still vor Ort verharren – ebenfalls gegen etwas zu Fressen. Nach und nach spielten Gaspard und Co dann ihren beiden Protagonisten Töne mit immer tieferer Frequenz vor, bis diese nichts mehr hörten und ruhig blieben.

Übertragen auf eine Kurve zeigte sich, dass Buffet und Hugh zwischen 8 und 32 Kilohertz hervorragend hörten. Selbst Geräusche im Bereich von 0,25 Kilohertz konnten sie noch wahrnehmen, sofern diese sehr laut abgespielt wurden. Buffet reagierte zudem sogar auf Ultraschalltöne mit 90,5 Kilohertz, allerdings wandte er sich anschließend von der Anlage ab, weil ihn womöglich der Frequenzbereich körperlich missfiel, so die Forscher. Diese Wahrnehmungsfähigkeit verschlechterte sich allerdings deutlich, als die Biologen zusätzlich zu den Tönen ein Hintergrundrauschen einspielten, das tiefere und höhere Frequenzen für die Tiere praktisch völlig überlagerte: Sie zeigten darauf keine Reaktion mehr. Allerdings konnten sie im Kernbereich Ihrer Hörfähigkeit immer noch sehr deutlich Geräusche erkennen und reagieren. Und das müsste auch für nahende Motorboote gelten, so Gaspard.

Warum sie dennoch so häufig mit Schiffen zusammenstoßen, bleibt deshalb weiterhin geheimnisvoll. "Manatis sind womöglich weniger wachsam, wenn sie schlafen, fressen oder andere Aktivitäten ihres täglichen Lebens durchführen, die ihre volle Aufmerksamkeit verlangen", erzählt Gaspard. Sie blenden das lästige Motorbrummen also vielleicht einfach zu ihrem Schaden völlig aus. Das wollen die Wissenschaftler daher als nächstes klären.

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