Direkt zum Inhalt

News: Seelachs steht nicht auf dem Speiseplan

Steller'sche Seelöwen sind stark gefährdet, mangelnde Nahrung hat ihre Zahl schrumpfen lassen. Damit sich ihre Bestände erholen können, wurde die Seelachs-Fischerei in Alaska eingeschränkt. Doch das kommt den Tieren offenbar nur wenig zugute - sie mögen nämlich gar keinen Seelachs. Stattdessen ernähren sie sich von Heringen, nach denen sie nachts nicht so tief tauchen müssen.
Steller'sche Seelöwen (Eumetopias jubatus) kommen im gesamten nordpazifischen Raum vor. Seit den siebziger Jahren sank ihre Zahl ständig ab, sodass der amerikanische National Marine Fishery Service die Art im April 1990 auf die Liste der gefährdeten Tiere setzte. Da sich jedoch auch in den folgenden Jahren die Bestände nicht erholten, gilt die westliche Population seit 1997 sogar als vom Aussterben bedroht.

Schuld an der Misere ist offenbar Nahrungsmangel. Bisher ist allerdings recht wenig bekannt über das Jagdverhalten der Fischfresser, die auch Tintenfische oder andere Meeressäuger nicht verschmähen. Tagsüber halten sie sich oft in der Nähe von Heringschwärmen auf, doch scheinen sie nicht direkt danach zu jagen. Gary Thomas und Richard Thorne vom Prince William Sound Science Center verfolgten die Tiere daher nachts mit Infrarotsichtgeräten. Außerdem überwachten sie die Fischbestände von Alaska-Seelachs (Theragra chalcogramma) und Pazifischem Hering (Clupea pallasi) mithilfe von Echolotaufzeichnungen.

Und tatsächlich – erst nachts gingen die Seelöwen daran, ihren Hunger zu stillen. Dabei zeigten sie sich ausgesprochen wählerisch: allein Hering stand auf dem Speiseplan. Seite an Seite schwammen oft bis zu 50 Tiere hinter den Schwärmen her und schienen sie vor sich her zu treiben. Beim nächtlichen Schmaus leisteten ihnen dann Buckelwale und einige Seevögel Gesellschaft. Den viel zahlreicheren Seelachs ließen die Seelöwen dagegen links liegen.

Warum die Seelöwen sich nicht weiter um das reichhaltigere Angebot an Seelachs kümmerten, sondern sich allein für Hering interessierten, hat den Forscher zufolge eine ganz einfache Erklärung: Die Echolotaufnahmen zeigten, dass die Heringe in der Nacht bis in Tiefen von 10 bis 35 Metern auftauchen, während die Seelachse rund um die Uhr in 100 Metern Tiefe bleiben. Und obwohl Seelöwen bis zu 250 Meter tief tauchen können, ist es für sie wohl der bequemere Weg, sich die oberflächennahen Fische einzuverleiben.

Diese Verteilung der Heringe ist typisch für eine ausgedehnte Überwinterungsperiode im nördlichen Golf von Alaska. In anderen Jahreszeiten sieht der Speisezettel der Seelöwen vielleicht ganz anders aus. Und trotzdem werden die Ergebnisse vor allem die Seelachs-Fischerei vor der Küste Alaskas freuen. Sie musste einige Einschränkungen hinnehmen, da man vermutete, dass sie den Seelöwen die Mahlzeiten vor der Nase wegfängt. Da dem offenbar nicht so ist, wird man die Verordnungen vielleicht überarbeiten müssen. Und der Schutz der Steller'schen Seelöwen braucht womöglich eine neue Strategie.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Quellen
Nature 411: 1013 (2001)

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.