Hautpflege: Bloß nicht zu oft waschen!
Die Haut ist ein beeindruckendes Gebilde aus Drüsen, Zellen, Härchen, Fettmolekülen und Nerven. Sie überzieht den Körper und schützt so vor Gefahren von außen, trotzt beispielsweise Dreck, Sonne und Schadstoffen. Milliarden Mikroorganismen helfen dabei. Sie leben in einem sensiblen Gleichgewicht und bilden dabei einen natürlichen Schutzfilm.
Ist das Gleichgewicht gestört, kann es rasch zu Irritationen und Unreinheiten kommen. Das Perfide: Vor allem Waschlotionen, Peelings und Masken können zerstörerisch wirken. Wer seine Haut pflegen, sie schön und gesund halten möchte, sollte die folgenden fünf Tipps beachten:
Gesicht und Hände regelmäßig waschen
Jeden Tag ist die Haut schädlichen Stoffen und Strahlen ausgesetzt, einige Körperstellen sind verstärkt betroffen. Bewegt man sich draußen bei Sonnenschein, erreichen belastende UV-Strahlen so gut wie immer Gesicht und Hände, während andere Teile von der Kleidung bedeckt bleiben. In der Luft sind zudem viele Schadstoffe, etwa in Tabakrauch oder Abgasen und Feinstaubpartikeln des Straßenverkehrs. Hinzu kommt, dass wir uns unbewusst oft im Gesicht berühren und so schädliche Substanzen von der Hand ins Gesicht gelangen.
Das Problem dabei: Je mehr und je länger die Haut schädlichen Stoffen und Strahlen ausgesetzt ist, desto mehr belastet sie das. Die Folgen werden nur schleichend sichtbar, über Jahrzehnte hinweg in Form der Hautalterung. Natürlich altert die Haut ohnehin. Doch jeder schädliche Partikel und jede Strahlendosis treibt den Prozess schneller voran, kann bereits bestehende Hautleiden verschärfen und macht es wahrscheinlicher, dass Hautkrebs entsteht. Auf den direkten Zusammenhang weisen mittlerweile eine Reihe von Studien hin. Einer kürzlich erschienenen Metaanalyse im Fachjournal »Particle and Fibre Toxicology« zufolge schwächt Feinstaub die Hautbarriere und fördert Entzündungsprozesse sowie oxidativen Stress auf der Haut – beides ein Hinweis darauf, dass Feinstaub die Krebsentstehung begünstigt.
Aus diesen Gründen tue jeder gut daran, immer wieder Gesicht und Hände zu waschen, sagt Christiane Bayerl, Chefärztin an der Klinik für Dermatologie und Allergologie der Helios Kliniken Wiesbaden: »Wer regelmäßig die winzigen Schadstoffe von der Haut entfernt, tut etwas gegen die Hautalterung und verringert auch insgesamt die Wahrscheinlichkeit, dass Schadstoffe die Haut reizen.«
Die Haut am restlichen Körper dagegen sei diesen Risiken weniger ausgesetzt. Hier gelte: »Immer dann waschen, wenn Dreck und Schweiß auf die Haut gelangt sind«, sagt Bayerl. Sonstige Körperflüssigkeiten wie Talg könnten alle paar Tage mal abgewaschen werden.
Einmal täglich reinigen reicht
In der heutigen Zeit entfernen viele Menschen täglich – manchmal sogar mehrmals am Tag – Mikroorganismen, Dreck, Talg und Fette von ihrer Haut. Dabei gerät schnell in Vergessenheit, dass eine intensive Wäsche eigentlich schadet. Wer sich zu häufig mit einer Lotion wäscht, macht die Schutzhülle des Körpers kaputt.
»Zweimal am Tag die gesamte Haut mit waschaktiven Substanzen von oben bis unten flächendeckend zu behandeln, ist zu viel«, sagt Bayerl. Im Alltag reiche es, sich mit Wasser und Seife an Achseln, Genitalien und Füßen zu reinigen. Wer Sport macht oder im Beruf besonders aktiv ist, dürfe täglich mit etwas Waschlotion ran. Wer eher zum Stillsitzen neigt, sollte das noch seltener tun, rät die Dermatologin.
Denn Waschsubstanzen sind aggressiver als Wasser: Die enthaltenen Tenside lösen Stoffe und Organismen von der Haut ab, die eigentlich fest mit ihr verbunden sind. So zum Beispiel Lipide, also Fette, die ein wichtiger Bestandteil der Haut sind. Fehlen sie, wird die Haut trocken und spröde. Das macht es Krankheitserregern oder ungebetenen Stoffen leichter, durch die sonst recht stabile Barriere in den Körper einzudringen. Außerdem unterscheiden die Reinigungsmittel nicht zwischen nützlichen und schädlichen Mikroorganismen: »Wir haben alle Pilze und Bakterien auf der Haut, das ist ganz normal«, sagt die Dermatologin Bayerl. Die entscheidende Frage: In welcher Konzentration leben sie dort?
Zu den wichtigsten Organismen auf der menschlichen Haut zählen die Bakterien aus der Familie der Staphylokokken. Besonders Staphylococcus epidermidis hat sich dort breitgemacht und ist für gesunde Menschen nicht gefährlich. Im Gegenteil: Diese Bakterien können sogar helfen, die Ausbreitung nachteiliger Organismen aufzuhalten oder Wunden zu heilen. Schädlicher, aber meist seltener vertreten sind ihre Verwandten, die Staphylococcus-aureus-Bakterien. Sie spielen eine wichtige Rolle bei einigen Hautkrankheiten. Menschen mit einer Neurodermitis haben beispielsweise eine starke Dysbalance, »also zu viel Staphylococcus aureus und zu wenig Staphylococcus epidermidis«, sagt Bayerl. Ähnlich sehe es bei Hefepilzen aus. Von ihnen leben ebenfalls Arten auf der Haut, die in der Regel harmlos sind. Bei Menschen, die sehr stark schwitzen oder übermäßig Talg produzieren – also fettige Haut haben –, können sie sich allerdings stark vermehren. In der Folge entstehen kleieartige, schuppende Hautveränderungen: Pityriasis versicolor oder Kleienflechte genannt.
Wer sich zu häufig wäscht, bekommt zwar nicht unbedingt gleich ein Hautleiden. Doch zeigen diese Beispiele, wie wichtig ein Gleichgewicht zwischen den einzelnen Organismen des Mikrobioms ist. Gerät es durcheinander, geht ein bedeutsamer Schutzfilm verloren, was zu unnötigen Reizungen führen oder Krankheiten fördern kann.
Jedes Produkt wieder gründlich entfernen
Seife, Waschlotion und Peeling sollten nicht zu lange mit der Haut in Kontakt bleiben. Die bei jedem Waschen verloren gegangenen Lipide und Mikroorganismen können zwar schnell wieder die Haut so besiedeln wie vor dem Waschen. Aber sie werden daran gehindert, wenn Shampoo oder Duschgel auf der Haut verbleiben und weiter wirken können. Die Folge: »Die Haut kann austrocknen, schuppen und eventuell krank werden, wenn sich etwa Ekzeme bilden«, erklärt die Dermatologin Bayerl. Ein typischer Ort, an dem das öfter passiert, ist die Haut zwischen Haaransatz und Ohr, wo nach dem Duschen gerne mal ein wenig Haarshampoo übrig bleibt.
Leicht saure Mittel sind wohltuend
Ein weiterer Zustand, den man beim Waschen der Haut nicht durcheinanderbringen sollte, ist der pH-Wert. Er beschreibt, wie das Verhältnis von sauren und alkalischen Substanzen an einem bestimmten Ort ist. Das ist je nach Körperregion unterschiedlich: Im Blut ist der Wert neutral, liegt also etwa bei 7. Im Magen, der Nahrung zersetzt, ist es mit einem pH-Wert zwischen 1 und 2 extrem sauer. Auf der Haut dagegen ist es nur leicht sauer, dort liegt der pH-Wert bei ungefähr 5. Das bedeutet, dass sich alles, was sich natürlicherweise auf und in der Haut befindet – etwa Zellen und Mikroorganismen –, auf dieses Milieu eingestellt hat und Schädlinge in einem solchen Säure-Basen-Verhältnis kaum Chancen haben, zu überleben.
Dermatologinnen und Dermatologen empfehlen deshalb, auf der Haut möglichst nur leicht saure Substanzen zu verwenden. Dazu zählen weder Seife noch Desinfektionsmittel, wohl aber Waschsubstanzen, die gemeinhin manchmal zwar als Seifen bezeichnet werden, jedoch aus synthetischen Detergenzien bestehen, also künstlich hergestellten Waschmitteln oder kurz Syndets. Daneben gibt es weitere Waschprodukte, die im leicht sauren Bereich liegen, etwa Waschemulsionen.
»Seifen verschieben die Haut in den alkalischen Bereich«, sagt Bayerl. Eine ähnliche Wirkung habe auch der Alkohol im Desinfektionsmittel. Wer seine Haut dennoch regelmäßig desinfizieren müsse, sollte am besten darauf achten, dem Austrocknen mit Handcremes entgegenzuwirken. Unter Fachleuten heißt das »rückfetten«. »Jeder sollte gleich nach dem Desinfizieren eine Creme verwenden«, sagt die Dermatologin. Zumindest, sofern das Desinfektionsmittel nicht bereits mit rückfettenden Substanzen ausgestattet ist. Typische Handcremes seien da ausreichend.
Passen Sie die Pflege an Ihren Hauttyp an
Schließlich ist es noch sinnvoll, beim Kauf von Produkten auf den eigenen Hauttyp zu achten. Wer sowieso schon trockene Haut hat, reizt sie mit häufigem Waschen. Wenn auf einem Waschprodukt »für trockene Haut« steht, enthält es deshalb oft zusätzlich Substanzen, die der Haut gleich wieder Feuchtigkeit spenden.
Wer rückfetten will, kann ölhaltige Produkte verwenden. Mandel-, Argan- oder Kokosöl sind allesamt gute Inhaltsstoffe. Doch auch synthetische Öle sind laut Bayerl zu empfehlen, »vor allem Ceramide, die natürlicherweise in der obersten Hautschicht vorkommen«. Sinnvoll ist das beispielsweise für Menschen mit Neurodermitis. Hier sei jedoch angemerkt: Wer eine Hautkrankheit hat, sollte die Pflege unbedingt mit einer Fachperson abklären; ebenso, falls die Haut regelmäßig spannt, bei Kälte juckt oder gereizt ist.
Überhaupt nicht sinnvoll sind rückfettende Cremes oder Gesichtswasser bei fetthaltiger oder zu Akne neigender Haut. Hier sind Mittel ratsam, die etwa Salicyl oder andere Substanzen enthalten, die der Haut Lipide entziehen.
Darüber hinaus heißt es vor allem: ausprobieren. Zumindest bei Nichtallergikern und Menschen ohne Hautleiden. Jede Haut reagiert ein bisschen anders auf die Umwelt und auf Waschprodukte, so dass letztlich vor allem der eigene Praxistest zeigt, was funktioniert.
Dabei sollte jede und jeder langfristig beobachten, wie die eigene Haut auf die Produkte reagiert. Denn der Hauttyp kann sich über die Jahre ändern. Außerdem ist es im Winter häufiger nötig, lipidhaltige Produkte zu verwenden, als im Sommer.
Sieben Mythen über Hautpflege
Cremes helfen gegen Falten, Poren können sich schließen, und Stadtdreck ist regelmäßig abzuwaschen: Zur perfekten Hautpflege kursieren jede Menge Behauptungen. Was ist dran?
Mythos 1: Cremes können Falten mindernAb Mitte 20 verliert die Unterhaut schleichend Fett, und im Bindegewebe wird Kollagen abgebaut, die Haut altert merklich. Oberflächliche Fältchen lassen sich zwar bedingt mit Feuchtigkeitscremes bekämpfen; frei verkäufliche Produkte setzen neben Retinol auf Substanzen wie Hyaluronsäure oder Coenzym Q10. Einen sichtbaren Effekt haben sie aber kaum. Nachweislich am besten hilft Vorbeugung: die Haut wenig der Sonne aussetzen und Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor nutzen.
Mythos 2: Wer viel trinkt, bekommt schöne HautEin deutlicher Wassermangel beeinträchtigt die Spannung der Haut. Das heißt allerdings im Umkehrschluss nicht, dass große Trinkmengen ihre Spannkraft über den Normalwert hinaus erhöhen. In der zugegeben spärlichen wissenschaftlichen Literatur findet sich bislang kein Hinweis darauf, dass viel Trinken der Haut nützt.
Mythos 3: Pickel ausdrücken hinterlässt NarbenDas kann passieren. Deshalb bitte nicht rumkratzen und knibbeln! Der klassische Eiterpickel lässt sich jedoch oft mit einem milden Peeling behandeln. Wenn es ans Ausdrücken geht, gilt: zuerst Hände waschen und desinfizieren. Erst wenn der Pickel »reif«, der Eiterpunkt also gut erkennbar ist, sollte man ihn behutsam ausdrücken. Doch Vorsicht: Wer ungünstig quetscht, kann den Eiter in die Tiefe drücken. Das kann schmerzhaft enden.
Mythos 4: Poren können sich öffnen und schließenPoren sind Öffnungen auf der Haut, unter denen sich ein Haarfollikel und eine Talgdrüse befinden. Wer zu fettiger Haut neigt, hat oft größere Poren. Fortgeschrittenes Alter, genetische Vorbelastung und ausgiebiges Sonnenbaden erhöhen zudem das Risiko dafür. Häufig wird empfohlen, Hautpflege nach einer heißen Dusche aufzutragen, weil die kleinen Schleusen dann geöffnet sind – da ist was dran. Substanzen dringen jedoch nur bis zur Hornschicht ein, sie wirkt als Barriere.
Mythos 5: Natürliche Inhaltsstoffe sind besser als synthetischeIm Gegenteil. Viele vertragen die schlechter. Wer zu Allergien neigt, sollte besser auf Produkte für empfindliche Haut setzen. Als verträglicher gelten zudem Cremes mit wenigen Inhaltsstoffen. Hier ist die Wahrscheinlichkeit geringer, auf eine Substanz zu reagieren.
Mythos 6: Stadtluft lässt die Haut schneller alternIm Jahr 2010 haben Forscher das Hautbild von 400 Rentnerinnen aus dem Ruhrgebiet und dem Münsterland verglichen. Die Städterinnen zeigten tatsächlich mehr Anzeichen von Hautalterung, vor allem mehr Pigmentflecken, als Gleichaltrige vom Land. Besondere Masken, Seren und Gesichtswässer sollen die urbane Haut davor schützen. Ob spezielle Anti-Pollution-Produkte wirksam sind, ist aber nicht ausreichend erforscht. Großstädtern wird eine Tagescreme mit Lichtschutzfaktor und eine gründliche Gesichtsreinigung empfohlen.
Mythos 7: Bildschirmlicht schadet der HautTheoretisch könnte die Bildschirmarbeit zu vorzeitiger Erschlaffung der Haut sowie zu Pigmentflecken führen. Doch der Zusammenhang mit Hautalterung ist bislang kaum ernsthaft erforscht. Wie lange, wie oft und wie dicht man sich vor einem Bildschirm aufhalten muss, um Schäden zu riskieren, ist offen. Auch die Langzeiteffekte regelmäßiger Belastung durch Bildschirmlicht sind bisher unbekannt.
(Corinna Hartmann)
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.