Planetenforschung: Seismometer für Mond- und Marseinsatz im Test
Lokale Mondbeben sowie Gravitationsbeschleunigungen von Erde und Mond untersuchen – dies unter anderem ist Ziel der internationalen Mission SELENE2, bei der mehrere Seismometer auf dem Mond installiert werden. Ein internationales Forscherteam hat die Geräte entwickelt, die Wissenschaftler noch bis Freitag, 20. Juli, am Black Forest Observatorium Schiltach (BFO), einer gemeinsamen Einrichtung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Universität Stuttgart, für ihren Einsatz bei der Mondmission testen. Die Geräte sollen zudem bei der geplanten Insight-Mission der NASA auf dem Mars eingesetzt werden. Der Start der Mission SELENE2 ist um das Jahr 2014 vorgesehen, einen genauen Starttermin hat die japanische Raumfahrtbehörde JAXA noch nicht veröffentlicht.
Der Mond wird immer wieder durch lokale Beben erschüttert – Erkenntnisse über deren Ursprung und Stärke sind wichtig, um beispielsweise Mondbasen für Astronauten bebensicher aufbauen zu können oder Rückschlüsse über den inneren Aufbau des Erdtrabanten zu erhalten. Um die Beben und auch die Auswirkungen der Gravitationsbeschleunigungen, also der Schwerkraft, zu untersuchen, soll bei der japanischen Mondmission SELENE2 ein Instrumentenpaket mit mehreren Seismometern auf der Mondoberfläche abgesetzt werden.
Das Kernstück dieser geophysikalischen Mission ist ein neu entwickeltes, sehr breitbandiges (Very Broad Band, VBB) Seismometer, das Wissenschaftler am Institut de Physique du Globe in Paris (IPGP) in Kooperation mit der ETH Zürich und dem Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau entwickelt haben. Das VBB-Seismometer soll das ganze Signalspektrum von sehr häufigen lokalen Mondbeben bis hin zu den Gravitationsbeschleunigungen von Erde und Mond abdecken. Ergänzend kommen drei kurzperiodische Seismometer der japanischen Raumfahrtbehörde Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA) hinzu, mit denen hochfrequente Erschütterungen in allen drei Raumrichtungen gemessen werden sollen.
Zudem ist der Einsatz der VBB-Seismometer bei der Insight-Mission der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA auf dem Mars geplant: Die Astronauten beobachten mit Hilfe der Geräte Marsbeben, die Eigenschwingungen des Planeten, die möglicherweise durch Beben oder durch Turbulenzen in der Marsatmosphäre angeregt werden sowie die Schwerewirkung des Marstrabanten Phobos.
Noch bis Freitag, 20. Juli, testen die Konstrukteure der SELENE2-Mission (IPGP, JAXA, MPS) die Mondseismometer am Black Forest Gemeinschaftsobservatorium (BFO), einer Einrichtung des KIT und der Universität Stuttgart, auf ihre Tauglichkeit. "Die Testbedingungen am BFO sind weltweit einmalig", sagt der KIT-Wissenschaftler und BFO-Mitarbeiter Thomas Forbriger. Denn die Einrichtung gehöre mit ihrer abgeschiedenen Lage in einem stillgelegten Bergwerk einerseits zu den ruhigsten, von Störquellen kaum beeinflussten Stationen des globalen seismologischen Netzwerks. "Zudem definiert das BFO mit seinem langjährig betriebenen Instrumentarium die erreichbare Empfindlichkeit für seismische Messungen auf der Erde, die Instrumente am BFO gelten somit weltweit als Standardgröße."
Am Dienstag, 17. Juli und Mittwoch, 18. Juli, werden die Seismometer in eine Vakuumkammer eingebaut, mit der die Wissenschaftler die Bedingungen auf dem Mond bestmöglich simulieren und so die Geräte auf ihre Einsatzbereitschaft prüfen können. Mit der SELENE2-Mission knüpfen die Wissenschaftler an die geophysikalischen Untersuchungen der APOLLO-Programms an: Zwischen 1969 und 1972 hatten Astronauten bereits ein Seismometer-Netzwerk auf der Mondoberfläche installiert, um Beben zu registrieren. Die Messergebnisse hatten damals ergeben, dass es vier verschiedene Arten von Mondbeben gibt: Beben um 700 Kilometer unter der Mondoberfläche, Nachwirkungen eines Kometen- oder Asteroideneinschlags, Ausbrüche, die durch eine rasche Erhitzung der Oberfläche ausgelöst werden sowie Mondbeben, die nur 20 bis 30 Kilometer unter der Mondoberfläche passieren.
Insbesondere vom VBB-Seismometer mit einem im Vergleich zu den bei der APOLLO-Mission eingesetzten Instrumenten erheblich vergrößerten Empfindlichkeit erhoffen sich die Wissenschaftler nun neue Einblicke ins Innere des Mondes und des Mars, die zur Lösung derzeit offener Fragen wie etwa zur Größe und Zusammensetzung des Mond- beziehungsweise Marskerns oder zur Aufklärung der detaillierten Mantelstruktur beitragen können.
Das Black Forest Gemeinschaftsobservatorium ist eine Einrichtung des Kalrsruher Instituts für Technologie KIT und der Universität Stuttgart. Am Observatorium untersuchen und optimieren die Wissenschaftler unter anderem geophysikalische Beobachtungsverfahren und die dazu verwendeten Instrumente oder erforschen die freien Eigenschwingungen der Erde zur Bestimmung der Materialeigenschaften im tiefen Erdinneren.
KIT / Red.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben