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Therapieausbildung: Selbsterfahrung: Viel Licht, viel Schatten

Sollten angehende Therapeuten sich immer selbst therapieren lassen? Eine neue Studie beleuchtet die Vor- und Nachteile dieser Praxis.
Therapeut und Patient im Gespräch, Patient schlägt die Hnad vor das Gesicht

Die meisten angehenden Psychotherapeuten müssen eine so genannte Selbsterfahrung absolvieren. Vor allem in der Psychoanalyse, aber auch in anderen Therapieschulen besteht diese in der Regel darin, dass sich die Aspiranten selbst einer Therapie unterziehen. Forscher um David Murphy von der britischen University of Nottingham fassten nun 16 Studien über die Auswirkungen dieser obligatorischen Therapieerfahrung zusammen.

Das Ergebnis: Positive und negative Erfahrungen der Teilnehmer hielten sich ungefähr die Waage. Als hilfreich empfanden viele angehende Behandler, dass sie sich eigener persönlicher Konflikte und emotionaler Themen bewusst wurden und die Klientenrolle kennen lernten. Zu den Schattenseiten gehörte dagegen, dass die Therapie oft seelische Probleme an die Oberfläche spülte und teilweise sogar zu Persönlichkeitsveränderungen führte, die Spannungen mit dem sozialen Umfeld der Probanden hervorriefen. Auch die hohen Kosten und Angst davor, in der Therapie bewertet zu werden, verursachten Stress. Viele berichteten zudem, von ihrem Lehrtherapeuten abhängig gewesen zu sein, da er zugleich ihr Ausbildungsleiter war. Deshalb hätten sie etwa problematisches oder unprofessionelles Verhalten in der Therapie nicht angesprochen.

Die aktuelle Praxis könne demnach lehrreich sein, werfe jedoch auch gravierende ethische Fragen auf, schlussfolgern die Forscher. Sie empfehlen, dass sich angehende Psychotherapeuten stets nur freiwillig einer Therapie unterziehen und bei Bedarf auf andere Formen der Selbsterfahrung ausweichen können sollten.

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