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Selbstmitgefühl: Wann Stress uns stark macht

Wenn wir uns in schwierigen Zeiten selbst mit Güte und Verständnis begegnen, können wir künftige Herausforderungen besser bewältigen.
Eine junge Studentin schaut optimistisch
Die psychische Belastung unter Studierenden nimmt zu. Was hilft dabei, besser mit Stress umzugehen?

»Was uns nicht umbringt, macht uns stärker«, schrieb einst der Philosoph Friedrich Nietzsche. Tatsächlich berichten Menschen immer wieder davon, an belastenden Situationen gewachsen und widerstandsfähiger geworden zu sein. Gleichzeitig sind die negativen Seiten von Stress auf die Gesundheit unter Medizinern unumstritten.

Ein Team um den Psychologen Rick Hoyle von der Duke University in Durham (USA) hat sich nun genauer angesehen, inwiefern Selbstmitgefühl unsere seelische Widerstandskraft, die Resilienz, fördern kann. Unter Selbstmitgefühl versteht man eine freundliche und unterstützende Haltung sich selbst gegenüber. Oder anders ausgedrückt: dass man sich selbst auch bei Fehlern und Rückschlägen genauso gütig und verständnisvoll behandelt, wie man sich einem Freund gegenüber verhalten würde. Das Konzept, das nicht mit Selbstmitleid zu verwechseln ist, stammt aus der buddhistischen Philosophie. Die wohlwollende Haltung sich selbst gegenüber stärkt die psychische Gesundheit und kann durch gezielte Übungen etwa aus der Achtsamkeitspraxis gefördert werden. Den meisten Menschen fällt es allerdings von Natur aus leichter, anderen gegenüber Mitgefühl entgegenzubringen als sich selbst.

Das Team begleitete 1137 junge Erwachsene in den ersten vier Jahren ihres Studiums. Diese Lebensphase birgt viele Veränderungen und Herausforderungen, und die psychische Belastung der betreffenden Altersgruppe nimmt weltweit zu. Die Studenten füllten einmal pro Jahr Fragebogen aus zu ihrem Stresserleben (zum Beispiel »Wie oft warst du im letzten Monat aufgebracht, weil etwas Unerwartetes passiert ist?«), zum Selbstmitgefühl (etwa »Wenn ich eine schwere Zeit durchmache, dann verhalte ich mich fürsorglich und liebevoll mir gegenüber«) und zur Resilienz (»Es dauert nicht lange, bis ich mich von einem stressigen Ereignis erholt habe«).

Mit Wärme und Verständnis

Die Ergebnisse: Eine Zunahme des Stresserlebens stand mit einer Zunahme des Selbstmitgefühls zu einem späteren Zeitpunkt in Zusammenhang. Stiegen Stressniveau und Selbstmitgefühl parallel an, wiesen die Probanden zudem ein Jahr später eine höhere seelische Widerstandsfähigkeit auf. Wurde allein der wahrgenommene Stress oder aber das Selbstmitgefühl über die Jahre größer, erhöhte sich die Resilienz hingegen nicht. Die Kombination der beiden Faktoren scheint also entscheidend zu sein.

Die Befunde stützen die Theorie der Stressimpfung. Ihr zufolge können Menschen an Stress wachsen, weil sie in belastenden Situationen ihre Fähigkeit trainieren, diese zu meistern. So wie das Immunsystem des Körpers stärker wird, nachdem es einen Infekt erfolgreich bekämpft hat.

Gleichzeitig weisen die Daten darauf hin, dass Stress unter bestimmten Voraussetzungen eine wohlwollende Haltung gegenüber uns selbst fördert. Wer den Stress nur umgeht, verpasst deshalb möglicherweise die Chance, Selbstmitgefühl und Bewältigungsstrategien zu erlernen. »Unter diesem Gesichtspunkt ist die Vermeidung von Stress und emotionalem Unbehagen letztendlich nicht im besten Interesse der Studierenden«, schreiben die Forscher. Unter den richtigen Bedingungen könne Stress tatsächlich positiv wirken und die Resilienz stärken.

  • Quellen
Social and Personality Psychology Compass 10.1111/spc3.1297818.7, 2024

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