Direkt zum Inhalt

News: Selbstschutz für die Leber

Wissenschaftler haben genetisch veränderte Mäuse entwickelt, die nicht an tödlicher Leberzirrhose erkranken - selbst wenn sie Umweltgiften ausgesetzt werden oder Unmengen an Whisky zu sich nehmen. Die Forschungsergebnisse weisen auf einen möglichen Weg hin, Leberzirrhose zu verhindern, und sie zeigen, dass so manches als Spezialist eingestuftes Protein doch mehr als gedacht zu bieten hat.
Wenn die Leber durch Infektionen oder Gifte angegriffen wird, aktiviert sie bestimmte Muskelzellen in dem Organ, die den Schaden reparieren. Eine chronische Schädigung führt jedoch dazu, dass sich die Reparaturzellen anreichern und die lebensnotwendigen Blutgefäße blockieren. Ohne diese Versorgungskanäle beginnt das Gewebe zu verhungern und stirbt letztendlich ab. Diese Vernarbung der Leber wird als Zirrhose bezeichnet.

Den Startschuss für den Reparaturprozess geben als Botenstoffe dienende Proteine, die eine molekulare Kettenreaktion auslösen und letztendlich das Protein C/EBPB aktivieren. Martina Buck und Mario Chojkier von der University of California in San Diego wollten nun genauer wissen, wie das Eiweiß tatsächlich angeregt wird und welche Aufgaben es dann übernimmt. Mithilfe von radioaktiven Markern fanden sie heraus, dass ein Phosphatrest an eine bestimmte Stelle des Proteins angehängt werden muss.

Andere biochemische Studien hatten gezeigt, dass C/EBPbeta die Leberreparatur normalerweise reguliert, indem es so genannte Caspasen aktiviert. Diese Enzyme spielen eine wichtige Rolle für den kontrollierten Selbstmord einer Zelle, die Apoptose. Liegt das C/EBPB jedoch phosphoryliert vor, werden die Caspasen gehemmt. Infolgedessen können sich die der Reparatur dienenden Muskelzellen anhäufen und eine Leberzirrhose verursachen.

Um zu sehen, ob diese Entdeckung dazu beitragen könnte, Leberkrankheiten zu verhindern, züchteten die Forscher transgene Mäuse, deren C/EBPB keine Phosphatgruppe binden konnte. Als sie die Tiere einem gefährlichen Gift aussetzten, hatte das zumindest für deren Leber keinerlei Folgen, während ihre Artgenossen schnell an Leberzirrhose erkrankten. In einem nächsten Schritt wollen die Forscher nun eine Version von C/EBPbeta entwickeln, die auch beim Menschen wirkt.

Für Steven McKnight vom Southwestern Medical Center der University of Texas sind die Ergebnisse "bemerkenswert". Schließlich zeigten sie, dass C/EBPbeta sehr viel vielfältiger ist, als man dachte. Denn bisher gingen Forscher davon aus, dass das Protein nur das Abschreiben der DNA in eine Boten-RNA reguliere. Offensichtlich greift es aber auch in die Kontrolle anderer Proteine ein – zwei Aufgaben, die man bis vor kurzem noch für unabhängig und ohne Zusammenhang hielt. Die Entdeckung von Proteinen mit solch verschiedenen Aufgaben, erklärt McKnight, stelle daher die grundlegende Annahme in Frage, dass Proteine auf eine einzige Aufgabe spezialisiert sind.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.