Direkt zum Inhalt

Körpergewicht: Viele haben ein falsches Bild von ihrer Figur

Fettpölsterchen sind ein heikles Thema. Frauen wie Männer neigen dazu, ihr Gewicht nicht ganz realistisch wahrzunehmen: Die einen überschätzen, die anderen unterschätzen es eher.
Füße eines Mannes auf der Waage, drumrum Kleidungsstücke

Frauen finden sich zu dick, obwohl sie kein Kilo zu viel haben, während Männer einen Bauch vor sich hertragen, aber keinen Grund zum Abnehmen sehen. Klischees? Ja, doch mit einem wahren Kern, wie eine Studie der Medizinischen Universität in Kattowitz bestätigt. Vor allem Frauen waren mit ihrer Figur unzufrieden, berichtet die Gruppe um Wojciech Gruszka in den »Scientific Reports«.

Die Fachleute untersuchten mehr als 700 Erwachsene, im Mittel 36 Jahre alt. Sie maßen Gewicht, Größe sowie Taillenumfang und berechneten den Body-Mass-Index (BMI), eine Kennzahl für das Gewicht im Verhältnis zur Körpergröße. Außerdem fragten sie die Teilnehmenden, ob sie sich für unter-, normal-, übergewichtig oder fettleibig hielten, und ließen sie schätzen, welche aus einer Reihe von Silhouetten am ehesten ihrer eigenen Figur glich.

Bei den Männern galt: Je übergewichtiger sie waren, desto weniger entsprachen die Antworten der Realität. Jene mit Untergewicht waren sich durchweg darüber im Klaren, dass sie zu wenig wogen. Unter den Normalgewichtigen schätzten sich immerhin zwei Drittel richtig ein. Doch bei den Übergewichtigen und Fettleibigen war sich nur noch knapp die Hälfte ihres Leibesumfangs bewusst. Anders bei den Frauen: Die meisten Übergewichtigen wussten um ihre Körperfülle, aber jede zweite Normalgewichtige hielt sich entweder für unter- oder für übergewichtig.

»Weniger als zwei Drittel der Erwachsenen schätzten ihren BMI richtig ein«, so das Fazit der Gruppe. Jeder Zweite konnte auch die eigene Figur nicht identifizieren. Die Tendenz ging Richtung schmalere Körperform: 40 Prozent der Normalgewichtigen fanden, dass eine untergewichtige Silhouette ihnen am besten entspräche, 36 Prozent der Übergewichtigen erkannten sich in einer normalgewichtigen Figur wieder. Nur jeder Vierte war mit der eigenen Figur zufrieden – zwei Drittel wollten schlanker sein, darunter vor allem Frauen.

Warum unterschätzen viele ihr Gewicht?

Die verzerrte Wahrnehmung könnte damit zu tun haben, dass immer mehr Menschen übergewichtig oder adipös sind, erklärt das Forscherteam. Verglichen mit ihrem Umfeld erscheine den Betroffenen ihre Figur deshalb ganz normal. Außerdem wirke die Diagnose »Übergewicht« wie ein Stigma. Die Formulierung »Probleme mit dem Gewicht« werde eher akzeptiert.

Menschen mit Essstörungen oder anderen psychischen Leiden wurden in der Untersuchung nicht berücksichtigt. Inwieweit die Befunde auf andere Länder übertragbar sind, ist ebenfalls unklar. Eine ältere Studie vom Trinity College in Dublin hatte Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern aufgezeigt. Allerdings offenbarte auch sie, dass sich vor allem Männer für etwas schlanker halten, als sie eigentlich sind.

Doch ist eine realistische Selbsteinschätzung überhaupt gut? Das ist umstritten. Einerseits kann sich aus Übergewicht eine Adipositas samt Folgeerkrankungen entwickeln, wenn Gegenmaßnahmen mangels Einsicht ausbleiben. Andererseits gibt es auch Hinweise darauf, dass sich die befürchteten Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen eher bei Menschen entwickeln, die nicht nur übergewichtig oder adipös sind, sondern sich selbst auch so wahrnehmen.

Der BMI sagt außerdem nichts darüber aus, wie hoch der Anteil an Muskelmasse ist oder wie sich das Fett über den Körper verteilt. Ein Übermaß an Bauchfett etwa verrät mehr über den Gesundheitszustand als der BMI. Fachleute ziehen deshalb gerne den Taillenumfang heran: Grob gesagt sollte er bei Männern nicht mehr als 102, bei Frauen nicht mehr als 88 Zentimeter betragen. Andere bevorzugen die »Waist-to-Height-Ratio«: der Taillenumfang geteilt durch die Körpergröße in Zentimetern. Ideal sei in der ersten Lebenshälfte ein Verhältnis von bis zu 0,5 und bei Älteren von bis zu 0,6.

Der Body-Mass-Index (BMI)

Er berechnet sich aus dem Gewicht geteilt durch die Größe zum Quadrat, Beispiel: 70 kg/(1,70 m)² = 24,2. Laut der Weltgesundheitsorganisation gelten junge Erwachsene mit einem BMI unter 18,5 als untergewichtig, ab 25 als übergewichtig und ab 30 als stark übergewichtig. Was als gesund gilt, hängt auch von Geschlecht und Alter ab: Männer dürfen etwas mehr wiegen als Frauen, Ältere etwas mehr als Jüngere. So liegt der ideale BMI mit 30 Jahren zwischen 20 und 25, mit 60 Jahren zwischen 23 bis 28.

WEITERLESEN MIT »SPEKTRUM +«

Im Abo erhalten Sie exklusiven Zugang zu allen Premiumartikeln von »spektrum.de« sowie »Spektrum - Die Woche« als PDF- und App-Ausgabe. Testen Sie 30 Tage uneingeschränkten Zugang zu »Spektrum+« gratis:

Jetzt testen

(Sie müssen Javascript erlauben, um nach der Anmeldung auf diesen Artikel zugreifen zu können)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.