Seltene Aufnahmen: Wenn Wale stillen
Wenn Walkälber hungrig sind, stehen sie vor einer schwierigen Aufgabe: Während bei den meisten Säugetieren mindestens die Kinder und oft auch die Mütter beim Stillen ruhen, müssen Wale in Bewegung bleiben. Das Jungtier muss also gleichzeitig schwimmen und saugen, während die Walkuh durchs Wasser gleitet. Diesen intimen Moment unter Wasser konnten Menschen bislang nur sehr selten aufzeichnen. Der Biologin Natalia Botero von der Macuaticos Foundation und ihrem Team gelang es, diesen Akt mit Hilfe einer speziellen Kamera zu filmen – zum erst dritten Mal in der Geschichte der Meeresforschung, wie sie während einer Konferenz in Medellin erzählte.
Die Aufnahmen ermöglichte eine spezielle Kamera, welche die Gruppe mit Saugnäpfen auf dem Rücken des Kalbs befestigte, um es nicht zu verletzen. Neben Bildmaterial zeichnete das Gerät auch die Lautäußerungen des Tiers sowie GPS-Daten auf. Nach wenigen Stunden löste sich die Kamera wieder ab, so dass Botero und Co sie im Meer aufsammeln konnten.
Die Bilder zeigen, wie sich das Kalb seiner Mutter nähert und dann an deren Milchdrüsen zu trinken beginnt, während beide weiterschwimmen. Als sich das Jungtier dann ablöst, um an der Meeresoberfläche Luft zu schnappen, schwebt eine Milchfahne durch das Wasser. Die Milch hat einen Fettanteil von rund 40 Prozent und ist damit sehr energiereich, was die Kälber dringend benötigen: Sie kommen mit einer Tonne Gewicht und einer Länge von vier Metern auf die Welt, müssen aber hunderte Kilogramm in relativ kurzer Zeit zunehmen, bevor sie sich auf die lange Reise zurück aus tropischen Gewässern in die Antarktis machen. Dort befinden sich die Hauptnahrungsgebiete der Giganten: reichlich Krill und andere Meerestiere.
Um sich zu paaren und ihre Jungen zu gebären, wandern die Meeressäuger jedes Jahr wieder 8000 Kilometer nach Norden in wärmere Regionen zwischen Costa Rica und Peru. Die Bilder deuten laut den Forschern darauf hin, dass der Golf von Cupica vor der kolumbianischen Küste eine wichtige Kinderstube für die Buckelwale sein könnte, die aus antarktischen Gefilden hierherwandern.
Neben der Zeugung und Geburt von Nachwuchs nutzen die Tiere die Zeit in den Tropen, um dort ihre Haut zu pflegen. Ebenfalls konnten Wissenschaftler mit Kameras, die an den Walen befestigt waren, zeigen, dass Buckel- sowie Schwertwale hier ihre Haut erneuern. Sie scheuern sich dabei sogar auf dem Boden, um alte Hautschichten loszuwerden. Der Ausflug in die wärmeren Gefilde könnte es den Tieren erlauben, ihre Haut zu erneuern. Im kalten Wasser reduzieren die Wale demnach die Durchblutung ihrer obersten Hautschichten, um Energieverluste zu verringern. Dadurch kommt der normale Regenerationsprozess zum Erliegen; Bakterien, Seepocken und andere Parasiten siedeln sich an. Erst in den wärmeren Zonen würden die Wale wieder Blut durch ihre Haut leiten, und mit frischer Haut träten sie dann den Rückweg an, vermuten die Biologen.
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