Reiterstatue aus Waldgirmes: Sensationsfund und Meisterwerk
Der Pferdekopf einer Reiterstatue aus Waldgirmes ist nicht nur ein künstlerisches Meisterwerk, er zeugt auch vom geplatzten Traum der Römer, ihre Herrschaft in Europa weiter auszubauen. Für Archäologen ist der Fund deshalb genauso spektakulär wie die Himmelsscheibe von Nebra und das Keltengrab vom Glauberg. Laut dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst wurde damit sogar eine Entdeckung "von europäischer Bedeutung" gemacht.
Die Ausgrabungen in Waldgirmes im Lahn-Dill-Kreis hatten in den vergangenen Jahren immer wieder Bruchstücke eines lebensgroßen Reiterstandbildes zutage gefördert, das wohl Kaiser Augustus darstellt. So wurden bereits ein Pferdefuß und ein schön verzierter Brustgurt des Pferdes gefunden. Kürzlich entdeckten die Archäologen dann in einem Holzbrunnen den fast vollständigen Pferdekopf des Standbildes (epoc berichtete). Das Zaumzeug des Pferdes ist mit sechs Zierscheiben geschmückt, auf der Stirn befindet sich eine Platte mit der Darstellung des Kriegsgottes Mars. An den Seiten sind die römischen Siegesgöttinnen abgebildet.
Die Verzierungen an der Statue sind so fein gearbeitet, dass nur die bedeutendsten Künstler im Römischen Reich sie geschaffen haben können. Auch die Steine für den Sockel kamen von weither: Da sich Gestein aus dem Lahntal nur schwer bearbeiten lässt, schafften die Römer Muschelkalkquader aus der Umgebung des lothringischen Metz heran. Die Reiterstatue muss in den Jahren 4 oder 3 v. Chr. – zur Zeit der Anlage der römischen Stadt Waldgirmes – aufgestellt worden sein. Um 9 n. Chr., nach der Niederlage des Varus in der Schlacht im Teutoburger Wald, gaben die Römer die Stadt auf und zogen sich aus den Gebieten rechts des Rheins zurück. Das Standbild wurde von den Germanen zerschlagen und der Pferdekopf rituell im Brunnen versenkt, während das übrige Metall weiterverwendet wurde.
Lisa Leander / Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst
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