Planetenforschung: Shoemaker-Levy wässerte den Jupiter
Das Wasser in der Stratosphäre des Jupiters stammt nicht aus dem Inneren des Riesenplaneten, sondern ist ein Relikt der Einschläge des Kometen Shoemaker-Levy-9 im Juli 1994. Diese Folgerung zieht ein Forscherteam um Thibault Cavalié am Laboratoire d'Astrophysique de Bordeaux aus Messdaten, die mit dem Infrarotsatelliten Herschel aufgenommen wurden. Damit bestätigte sich eine Vermutung, die schon 1995 mit den Beobachtungen des ersten europäischen Infrarotsatelliten ISO aufgekommen war. Aber erst Herschel mit seiner hohen Empfindlichkeit und deutlich besseren räumlichen Auflösung konnte sowohl die vertikale als auch die horizontale Verteilung von Wasserdampf in der Hochatmosphäre kartieren.
Für ihre Untersuchungen setzten die Forscher zwei spezielle Bordinstrumente Herschels ein, welche Jupiter bereits in den Jahren 2009 und 2010 beobachteten. Sie zeigen, dass Wasserdampf auf der südlichen Hemisphäre zwei- bis dreimal so hohe Konzentrationen aufweist wie auf der Nordhalbkugel. Im Jahr 1994 waren die 21 Fragmente des Kometen Shoemaker-Levy-9 innerhalb von einer Woche in den mittleren südlichen Breiten auf Jupiter niedergegangen und dabei in der Atmosphäre explodiert. Sie hinterließen dunkelbraune Flecken auf der Wolkenoberfläche des Planeten, die für mehrere Monate sichtbar waren. Selbst mehr als 16 Jahre nach den Einschlägen enthält die Jupiter-Stratosphäre in diesen Breiten noch am meisten Wasser. Eine derartig unsymmetrische Verteilung des Wassergehalts lässt sich nicht mit dem Einfall eishaltiger interplanetarer Staubpartikel erklären, denn dies würde für eine homogene Verteilung sorgen.
Dass das Wasser aus dem Inneren des Riesenplaneten stammt, der tatsächlich große Mengen an Wasserdampf enthält, lässt sich wegen des Aufbaus der Atmosphäre des Gasplaneten ausschließen: Die feuchte tiefere Luftschicht der Jupiter-Troposphäre, in der das Wettergeschehen stattfindet, ist durch eine so genannte Kältefalle von der darüberliegenden Stratosphäre getrennt. In dieser Kältefalle friert Wasserdampf sofort aus und fällt in Form von Kristallen wieder zurück in die Troposphäre. Somit kann er von unten her nicht in die Hochatmosphäre eindringen. Die Messungen von Herschel zeigen zudem, dass der größte Teil des stratosphärischen Wasserdampfs in Luftschichten mit Drücken unterhalb von zwei bis drei Millibar auftritt und in der Kältefalle darunter stark zurückgeht. Die Forscher um Cavalié gehen davon aus, dass rund 95 Prozent des in der Jupiter-Stratosphäre befindlichen Wasserdampfs vom Kometen Shoemaker-Levy-9 stammen. Dagegen führten die in den Jahren 2009 und 2010 von Amateurastronomen beobachteten Einschläge kleinerer Objekte auf Jupiter offenbar zu keinem signifikanten Eintrag von Wasserdampf.
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