Physiologie: Sich besser stärken
Was Mensch gegen Affe im Evolutionswettlauf Vorsprung gewinnen ließ, ist ja klar: Hirn. Außerdem spielen aber auch ein paar bislang unterschätzte Gen-Details eine Rolle - sie ließen unsere Ahnen effizienter verdauen, was sie sich an leckeren Neuigkeiten eingebrockt hatten.
Die Spucke von Studenten kann mehr verraten, als man denkt, zum Beispiel über die verschlungenen Wege der Evolution der Menschheit. Das zumindest war der Ansatz von Nathaniel Dominy von der Universität von Kalifornien in Santa Cruz und seinen Kollegen, als sie 50 schwarze, weiße und zwischenschattiert getönte Jungstudenten um eine Speichelprobe und ein paar Zellen der Mundschleimhaut erleichterten, um mit ihrer Beute anschließend ein paar Tests und eine Genanalyse durchzuführen. Ziel der Übung war besonders ein Erbgutabschnitt, der für die zersetzende Hauptaufgabe des Speichels von entscheidender Bedeutung ist: das Amylase-Gen.
Besser gesagt: die Amylase-Gene. Seit Längerem ist bekannt, dass der Durchschnittsmensch mehr als nur eine Kopie dieser Bauanleitung für das Enzym Amylase trägt, welches Stärke schon im Mund in Zucker zu zerlegen beginnt – fraglich war allerdings der Grund der genetischen Redundanz Die einfachste Erklärung ist naheliegend, aber bislang ungetestet: wahrscheinlich können und werden mit mehr Genkopien in kürzerer Zeit auch mehr Amylase-Proteine produziert. Genau dies belegten nun die Ausgangserkenntnisse von Dominy und Kollegen wirklich: Wer von den freiwilligen Spuckespendern mehr Genkopien in den Zellen trug, in dessen Speichel fanden sich dann stets auch höhere Konzentration des Enzyms.
Einige der Speichelproben erwiesen sich dabei als überraschend hochkonzentriertes Stärke-Zersetzungsgebräu: Bis zu 15 Genkopien in den Zellen sorgten für eine entsprechend hohe Amylasekonzentration im Mund. Eine solche enzymatische Spezial-Massenproduktion ist typisch menschlich, wie die Forscher dann durch einen Vergleich mit Speichelproben von Schimpansen zeigten: Unsere nahen tierischen Verwandten hatten immer nur genau zwei Kopien des Amylase-Gens und demnach gleichbleibend eher niedrige Enzymkonzentrationen. Auf effizienten Stärkeverdau, schlussfolgern die Wissenschaftler, legen die tierischen Vettern offenbar weniger Wert als unsereins.
Dominys Team macht sich nach diesen Anfangserkenntnissen auf die Suche nach Indizien für den Zusammenhang von Speichel, Genen und Ernährung und zählten die Amylase-Kopienzahl verschiedener Volksgruppen, die sich durch stärkehaltige oder weniger stärkereiche Ernähung auszeichnen. Dabei zeigte sich zum Beispiel, dass die Hadza aus dem afrikanischen Tansania – nutzen amylosereichehaltige Wurzelknollen als Grundnahrungsmittel – durchschnittlich 6,7 Amylase-Kopien tragen. Die Pygmäengruppe der Mbuti, die sich schon immer als Jäger- und Sammlerkultur durch Savannen und Regenwaldländer geschlagen haben und daher üblicherweise viel weniger stärkehaltige Mahlzeiten konsumieren, haben dagegen nur 5,4 der entsprechenden Verdau-Gene.
Dieser Trend bestätigt sich in vergleichbaren Proben aus Asien, Europa und der Arktis, so Dominys Team: Die Jakuten des Polarkreises essen im Vergleich zu denen ihnen verwandtschaftlich nahe stehenden Japanern keinen stärkehaltigen Reis – und passend haben Erstere durchschnittlich wenig, Letzte mehr Amylase-Genkopien. Die Ernährungsgewohnheiten scheinen also die Gen-Ausstattung zu beeinflussen. Möglicherweise war dies auch schon in der grauen Frühzeit des Menschen so, spekulieren die Forscher.
Irgendwann müssen, so das fertige Theoriepuzzle der Forscher, mehrere Erfindungen zusammen gekommen sein: Gemeinsam mit der Entdeckung des Feuers durch Homo erectus wurde es womöglich Mode, die zuvor schon gelegentlich nach Geistesblitzen ausgebuddelten Wurzeln – Vorläufer von Kartoffeln oder Mohrrüben und von den konkurrierende Affen wohl unbeachtet – als Stärkespender weich zu kochen und zu verspeisen, anstatt sie wie vorher mühsam herunterzuwürgen. Mit der Ernährungsumstellung auf Stärkehaltiges veränderte sich dann auch – mal mehr, mal etwas weniger – im Laufe der Zeit die genetische Ausstattung zur effizienten Verdauung des Wurzelinhalts. Vielleicht nur durch diese Kombination von Innovationen gelang es dem Menschen, genug energiespendende Mahlzeiten zu erwirtschaften, um ein zunehmend ernergiefressendes, weil immer größer werdendes Gehirn zu unterhalten. Das große Gehirn macht den Mensch – womöglich aber hätte es sich ohne sinnvolles Spucke-Feintuning nie gerechnet.
Besser gesagt: die Amylase-Gene. Seit Längerem ist bekannt, dass der Durchschnittsmensch mehr als nur eine Kopie dieser Bauanleitung für das Enzym Amylase trägt, welches Stärke schon im Mund in Zucker zu zerlegen beginnt – fraglich war allerdings der Grund der genetischen Redundanz Die einfachste Erklärung ist naheliegend, aber bislang ungetestet: wahrscheinlich können und werden mit mehr Genkopien in kürzerer Zeit auch mehr Amylase-Proteine produziert. Genau dies belegten nun die Ausgangserkenntnisse von Dominy und Kollegen wirklich: Wer von den freiwilligen Spuckespendern mehr Genkopien in den Zellen trug, in dessen Speichel fanden sich dann stets auch höhere Konzentration des Enzyms.
Einige der Speichelproben erwiesen sich dabei als überraschend hochkonzentriertes Stärke-Zersetzungsgebräu: Bis zu 15 Genkopien in den Zellen sorgten für eine entsprechend hohe Amylasekonzentration im Mund. Eine solche enzymatische Spezial-Massenproduktion ist typisch menschlich, wie die Forscher dann durch einen Vergleich mit Speichelproben von Schimpansen zeigten: Unsere nahen tierischen Verwandten hatten immer nur genau zwei Kopien des Amylase-Gens und demnach gleichbleibend eher niedrige Enzymkonzentrationen. Auf effizienten Stärkeverdau, schlussfolgern die Wissenschaftler, legen die tierischen Vettern offenbar weniger Wert als unsereins.
Dominys Team macht sich nach diesen Anfangserkenntnissen auf die Suche nach Indizien für den Zusammenhang von Speichel, Genen und Ernährung und zählten die Amylase-Kopienzahl verschiedener Volksgruppen, die sich durch stärkehaltige oder weniger stärkereiche Ernähung auszeichnen. Dabei zeigte sich zum Beispiel, dass die Hadza aus dem afrikanischen Tansania – nutzen amylosereichehaltige Wurzelknollen als Grundnahrungsmittel – durchschnittlich 6,7 Amylase-Kopien tragen. Die Pygmäengruppe der Mbuti, die sich schon immer als Jäger- und Sammlerkultur durch Savannen und Regenwaldländer geschlagen haben und daher üblicherweise viel weniger stärkehaltige Mahlzeiten konsumieren, haben dagegen nur 5,4 der entsprechenden Verdau-Gene.
Dieser Trend bestätigt sich in vergleichbaren Proben aus Asien, Europa und der Arktis, so Dominys Team: Die Jakuten des Polarkreises essen im Vergleich zu denen ihnen verwandtschaftlich nahe stehenden Japanern keinen stärkehaltigen Reis – und passend haben Erstere durchschnittlich wenig, Letzte mehr Amylase-Genkopien. Die Ernährungsgewohnheiten scheinen also die Gen-Ausstattung zu beeinflussen. Möglicherweise war dies auch schon in der grauen Frühzeit des Menschen so, spekulieren die Forscher.
Irgendwann müssen, so das fertige Theoriepuzzle der Forscher, mehrere Erfindungen zusammen gekommen sein: Gemeinsam mit der Entdeckung des Feuers durch Homo erectus wurde es womöglich Mode, die zuvor schon gelegentlich nach Geistesblitzen ausgebuddelten Wurzeln – Vorläufer von Kartoffeln oder Mohrrüben und von den konkurrierende Affen wohl unbeachtet – als Stärkespender weich zu kochen und zu verspeisen, anstatt sie wie vorher mühsam herunterzuwürgen. Mit der Ernährungsumstellung auf Stärkehaltiges veränderte sich dann auch – mal mehr, mal etwas weniger – im Laufe der Zeit die genetische Ausstattung zur effizienten Verdauung des Wurzelinhalts. Vielleicht nur durch diese Kombination von Innovationen gelang es dem Menschen, genug energiespendende Mahlzeiten zu erwirtschaften, um ein zunehmend ernergiefressendes, weil immer größer werdendes Gehirn zu unterhalten. Das große Gehirn macht den Mensch – womöglich aber hätte es sich ohne sinnvolles Spucke-Feintuning nie gerechnet.
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